Korruptionsskandal erschüttert Venedig
Ein riesiger Korruptionsskandal rund um das gigantische Bauprojekt Mose in Venedig sorgt derzeit für Aufsehen. Der Bürgermeister der Lagunenstadt, Giorgio Orsoni, wurde wegen Korruptionsverdacht festgenommen. Weitere 34 Personen, darunter der Infrastruktur-Verantwortliche der Region Veneto, Renato Chisso, sowie der Regionalratsabgeordnete Giampiero Marchese wurden ebenfalls verhaftet.
Die Staatsanwaltschaft hat auch einen Haftbefehl gegen den ehemaligen Regionspräsidenten des Veneto, Giancarlo Galan, der aber parlamentarische Immunität genießt, erlassen. Den verdächtigen Personen beider politischer Lager wird Korruption, Bestechung und Geldwäsche vorgeworfen. Das sieben Milliarden teure Mose-Projekt, das die Hochwassergefahr in Venedig eindämmen soll, wurde 2003 unter der Mitte-Rechts-Regierung von Silvio Berlusconi gestartet. Bis 2017 wollte man das Mammut-Vorhaben fertigstellen. Mobile Metallschutzdämme bei den Lagunenzufahrten Bocca di Lido, Bocca di Malamocco und Bocca di Chioggia sollten vor Acqua alta, Hochwasser, das alljährlich im Herbst und Winter die Stadt flutet, schützen. Der biblisch anmutende Name Mose steht für „Modulo Sperimentale Elettromeccanico“ (elektromechanisches Versuchsmodul).
"Schall und Rauch"
Giorgio Orsoni steht als Vertreter der Demokratischen Partei (PD), der auch Regierungschef Matteo Renzi angehört, seit 2010 an der Spitze der Lagunenstadt. Bestechungsgerüchte tat er stets als „Schall und Rauch“ ab. Die Behörden ermittelten angeblich bereits seit drei Jahren wegen Korruption im Zusammenhang mit dem Mega-Projekt. Sein Vorgänger Massimo Cacciari, ein entschiedener Mose-Gegner, kommentierte die Verhaftungswelle so: „Alle öffentlichen Bauvorhaben, die im Ausnahmezustand umgesetzt werden, sind von Natur aus einer kriminellen Gefahr ausgesetzt, wie man auch bei der Expo in Mailand oder nach dem Erdbeben in L´Aquila sehen konnte. Für das politische Leben der Stadt ist das eine echte Katastrophe.“
Kritiker stießen sich stets an der Kostspieligkeit und Ineffizienz des Mammutprojekts. Umweltschützer warnten vor der Zerstörung des ökologischen Gleichgewichts in der Lagune. Techniker räumten ein, dass sich mit dem Vorhaben nur acht bis zehn große Überschwemmungen im Winterhalbjahr verhindern ließen. Außerdem, so die Kritiker, seien die jährlichen Folgekosten von über 100 Millionen Euro ein „Wahnsinn“. Doch Alterativen wurden zu spät angedacht und konnten sich außerdem nicht gegen die Interessen der Baulobby durchsetzen.
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