Keine Überlebenden bei Flugzeugabsturz

Absturz über dem Sinai
224 Menschen an Bord. Spekulationen um IS-Angaben zu angeblichem Abschuss.

Ein Urlaub am Roten Meer hat für zahlreiche Menschen tödlich geendet: In Ägypten stürzte am Samstag ein russisches Passagierflugzeug mit 224 Menschen an Bord ab. Laut russischer Botschaft in Kairo starben alle Insassen an Bord des Airbus A-321 von Scharm el Scheich nach St. Petersburg. Ägyptische Behördenvertreter erklärten, es gebe "keine Überlebenden" bei dem Crash auf der Sinai-Halbinsel.

IS will Absturz verursacht haben

Stunden nach dem Absturz meldete sich der ägyptische Ableger der Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) auf Twitter zu Wort und behauptete, für die Katastrophe verantwortlich zu sein. Die "Soldaten des Kalifats haben es geschafft, ein russisches Flugzeug in der Provinz Sinai" abzuschießen, erklärte die islamistische IS-Gruppe. Die mehr als 220 "Kreuzzügler" an Bord der Maschine seien getötet worden. Der Abschuss sei eine Racheaktion für die russische Intervention in Syrien. Russland hat Ende September mit Luftangriffen in Syrien begonnen. Die USA werfen Moskau aber vor, dabei nicht in erster Linie den IS zu bekämpfen, sondern vor allem gemäßigte Gegner des syrischen Machthabers Bashar al-Assad.

Behörden schließen Terrorakt aus

Keine Überlebenden bei Flugzeugabsturz
Die ägyptischen Behörden gehen allerdings von einem technischen Defekt aus. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am Samstag aus Sicherheitskreisen erfuhr, wird ein Terrorangriff ausgeschlossen. Ein Flugschreiber sei rasch gefunden worden, der zweite am Abend.

Auch der Kreml bezweifelt die IS-Angaben. "Diese Information kann nicht als exakt angesehen werden", erklärte der russische Verkehrsminister Maxim Sokolow am Samstag laut russischen Nachrichtenagenturen. Moskau sei in engem Kontakt mit den "ägyptischen Kollegen und den Luftfahrtbehörden dieses Landes". Diese verfügten derzeit über "keinerlei Information", die "solche Andeutungen" bestätigten. Nach Angaben von Militärexperten verfügen die IS-Kämpfer auf dem Sinai nicht über Boden-Luft-Raketen, die ein Flugzeug auf einer Höhe von 30.000 Fuß (rund 9.100 Meter) treffen könnten, wie dies bei der russischen Maschine bei ihrem letzten Funkkontakt der Fall war. Die Experten schlossen aber eine Bombe an Bord oder einen Abschuss durch eine Rakete nicht aus, sollte das Flugzeug wegen technischer Probleme in den Sinkflug gegangen sein.

Der Kontakt zu dem Charterflugzeug der russischen Fluggesellschaft Kogalimawija mit 217 Passagieren und sieben Besatzungsmitgliedern an Bord war nur 23 Minuten nach dem Start über dem Sinai abgebrochen, sagte ein Vertreter der ägyptischen Flugaufsicht. Kurz zuvor habe der Pilot Probleme mit dem Kommunikationssystem gemeldet.

Keine Überlebenden bei Flugzeugabsturz
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Die russische Nachrichtenagentur Interfax berichtete unter Berufung auf einen Vertreter der russischen Luftfahrtbehörde, die Maschine mit der Flugnummer 9268 habe nach dem Start nicht wie erwartet Kontakt mit den Fluglotsen in Zypern aufgenommen.

Aus Vorsicht haben am Samstag sowohl Lufthansa als auch Air France beschlossen, nicht mehr über den Sinai zu fliegen.

Wrack in den Bergen entdeckt

Das Wrack wurde in einer bergigen Gegend südlich von Al-Arisch im Norden des Sinai gefunden. 45 Krankenwagen eilten zum Absturzort, um die Toten zu bergen. Unter den Todesopfern seien mindestens 17 Kinder, sagte der Chef der Luftfahrtbehörde, Mahmud al-Sinati.

Russlands Präsident Wladimir Putin wies das Katastrophenschutzministerium in Moskau an, auch eigene Rettungskräfte zum Absturzort zu schicken.

Die französische Behörde für Flugsicherheit schickt ein Expertenteam nach Ägypten, zudem sollen sechs technische Berater von Airbus am 1. November die Ermittler begleiten. Hinzu kommen Fachleute der russischen Flugbehörden.

Keine Überlebenden bei Flugzeugabsturz
A couple embraces next to a flight information board at Pulkovo airport in St. Petersburg, Russia, October 31, 2015. A Russian airliner carrying 224 passengers and crew crashed in Egypt's Sinai peninsula on Saturday, the Egyptian civil aviation authority said, and a security officer who arrived at the scene said most of the passengers appeared to have been killed. The Airbus A 321, operated by Russian airline Kogalymavia, was flying from the Sinai Red Sea resort of Sharm el-Sheikh to St Petersburg in Russia when it went down in a desolate mountainous area of central Sinai soon after daybreak, the aviation ministry said. REUTERS/Peter Kovalev
In St. Petersburg versammelten sich verzweifelte Angehörige am Flughafen Pulkowo. Sie warte auf ihre Eltern, sagte die 25-jährige Ella Smirnowa. "Ich habe zum letzten Mal mit ihnen telefoniert, als sie schon im Flugzeug saßen, und dann habe ich die Nachricht gehört." Sie hoffe zwar, dass ihre Eltern noch am Leben seien, "aber vielleicht werde ich sie nie wiedersehen".

Beliebtes Urlaubsziel der Russen

Die verunglückte Maschine gehörte der russischen Fluggesellschaft Kogalimawija, die auch unter dem Namen Metrojet bekannt ist. Den Charterflug von Scharm el Scheich nach St. Petersburg hatte der Moskauer Reiseveranstalter Brisco gebucht. Scharm el Scheich wird jedes Jahr von tausenden Touristen besucht, darunter auch viele Russen. Seitdem die ägyptische Armee im Norden des Sinai gegen bewaffnete Islamisten vorgeht, werden die Badeorte im Süden der Halbinsel durch ein Großaufgebot von Militär und Polizei gesichert.

Der Sinai wird seit Jahren von Unruhen erschüttert. Die dortigen Islamisten sollen enge Verbindungen zur Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) haben, die sich in Syrien und im Irak ausgebreitet hat. Sie nennen sich Sinai-Provinz des IS.

Das Kurz- und Mittelstreckenflugzeug A321 des europäischen Flugzeugbauers Airbus ist die größere Ausführung des Passagierjets A320. Die Versionen unterscheiden sich vor allem in ihrer Länge und damit im Platzangebot. Im 44,51 Meter langen A321 können bis zu 220 Fluggäste befördert werden.

Die Reichweite des seit 1993 fliegenden Jets wird mit 7.400 Kilometern angegeben. Damit sind auch Transatlantikflüge möglich. Nach Angaben von Airbus wurden bis September 2015 mehr als 1.150 Maschinen des Typs A321 ausgeliefert.

März 2015: Eine Germanwings-Maschine zerschellt auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf in den französischen Alpen. Alle 150 Menschen an Bord kommen dabei ums Leben. Der Copilot hatte den Ermittlern zufolge den Autopiloten so manipuliert, dass das Flugzeug vom Typ Airbus A320 abstürzte.

Dezember 2014: Ein Airbus A320 der AirAsia stürzt auf dem Weg von Indonesien nach Singapur in die Javasee vor Borneo. Alle 162 Menschen an Bord kommen ums Leben.

Juli 2014: Beim Absturz einer Passagiermaschine der Malaysia Airlines über der Ostukraine kommen alle 298 Insassen ums Leben. Eine niederländische Untersuchungskommission kommt zu dem Schluss, dass die Boeing 777 von einer Boden-Luft-Rakete abgeschossen wurde.

Juli 2014: Beim Absturz eines Passagierflugzeugs in Mali sterben alle 116 Menschen an Bord. Das Flugzeug vom Typ MD83 war von Ouagadougou (Burkina Faso) nach Algerien unterwegs.

März 2014: Eine Boeing der Fluggesellschaft Malaysia Airlines auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking mit 239 Menschen an Bord verschwindet kurz nach dem Start vom Radar, MH370 wird zu einem der größten Rätsel der Luftfahrtgeschichte. Bisher wurde nur ein Wrackteil gefunden.

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