Ein Komiker geht in Polit-Pension

Gang an die Wahlurne im Jedi-Ritter-Outfit: Reykjaviks schräger Bürgermeister Jon Gnarr verstand es, seine Landsleute zu amüsieren.
Vier Jahre lang regierte Polit-Amateur Jon Gnarr mit seiner Spaßpartei erfolgreich die Hauptstadt Reykjavik.

Offene statt heimliche Korruption, ein Disneyland für Reykjavik, ein Eisbär für den Zoo, Gratis-Handtücher für alle Schwimmbäder: Auch so kann man Wahlen gewinnen. Mit absurden Versprechen angelte sich Komiker Jon Gnarr 2010 den Bürgermeisterposten in Islands Hauptstadt. Jetzt hört der 47-Jährige auf. Zum Leidwesen vieler Bürger tritt Gnarr bei den am Samstag stattfindenden Kommunalwahlen nicht mehr an. Vier Jahre in der Politik seien genug, meint er.

Der Quereinsteiger hat mit seiner "Besten Partei" die Politik in Island aufgemischt. Er gab freimütig zu, von Politik keine Ahnung zu haben und Anarchist zu sein. Auf seiner Liste kandidierten Musiker, Schauspieler und Comic-Zeichner. Der "Besten Partei" gelang im krisengeschüttelten Island ein kleines Wunder: Sie gewann die Wahl im konservativen Reykjavik mit 34,7 Prozent. Gnarr meinte, die Bürger hätten nach dem Bankencrash die Nase voll gehabt von den etablierten Parteien. Anders als diese habe er seinen Wählern versprochen, "alle Versprechen zu brechen".

Schräge Auftritte

Als Komiker werde er sein Publikum unterhalten, erklärte der Schulabbrecher, der als Pfleger, Autotüren-Schrauber und Taxifahrer gearbeitet hatte. Mit schrägen Auftritten – etwa beim Gang an die Wahlurne als Jedi-Ritter – amüsierte Gnarr seine Landsleute. Doch die Polit-Amateure erwiesen sich als überraschend tatkräftig: Sie entwickelten einen Bus-Zonenplan für die zerstreute Stadt Reykjavik, organisierten das Schulsystem neu und ließen die Radwege ausbauen. Und mit drastischen Einsparungen gelang der "Besten Partei" das Unmögliche – die Sanierung der Finanzen.

Dabei räumt Jon Gnarr ein, Probleme mit Zahlen zu haben: "Ich bin ein Künstler, Kreativer, ich habe nichts mit Zahlen am Hut! Doch jetzt war ich plötzlich für viele Zahlen verantwortlich. Ich musste sie verstehen und Leuten erklären, warum ich dieses oder jenes tue. Das hat mir Kopfschmerzen und furchtbare Meetings über Zahlen beschert. Aber ich habe es überwunden und gelernt, Zahlen zu verstehen."

Als Politiker sei er einfach er selbst gewesen, so Gnarr: "Ich habe nicht versucht, Erwartungen zu entsprechen. Als ich zu einer Sache gefragt wurde: ,Was denken Sie darüber?‘ habe ich gesagt: ,Ich weiß es nicht.‘ Das hat sich wie eine Enttäuschung angefühlt: ,Ich bin dumm.‘ Aber die Leute fanden das toll – weil es das erste Mal war, dass ein Politiker im TV zugab, dass er etwas nicht weiß."

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