"Harvey" stürzte Großraum Houston ins Flutchaos
Die US-Metropole Houston und andere Orte in Texas stehen unter Wasser, und ein Ende der Verheerungen durch den Sturm "Harvey" ist noch lange nicht in Sicht: Das Nationale Hurrikanzentrum (NHC) der USA sprach von "beispiellosen Überschwemmungen" und sagte am Montag weiteren heftige Regen voraus. Die Behörden rechneten damit, dass sie mehr als 30.000 Menschen in Notunterkünften unterbringen müssen.
Derzeit bewege sich der Sturm nur sehr langsam vom Fleck, teilte das NHC mit. Er treibe Richtung Meer, werde aber voraussichtlich Mitte der Woche zurückkehren und noch mehr Regen mit sich bringen. Zuvor hatte das Hurrikanzentrum bereits erklärt, die Auswirkungen des Sturms seien "beispiellos" und überstiegen "alle Erwartungen".
Bilder aus Texas
Wegen des Sturms "Harvey" hat US-Präsident Donald Trump auch für den Bundesstaat Louisiana den Katastrophenfall ausgerufen. Das Weiße Haus verkündete am Montag die Entscheidung, auf deren Grundlage Bundesmittel zur Behebung von zu erwartenden Sturmschäden freigegeben werden können. Am Dienstag will Trump den Sturmopfern im Bundesstaat Texas einen Besuch abstatten.
Der Tropensturm könnte Milliardenschäden im US-Bundesstaat Texas anrichten. In der Millionenmetropole Houston habe die durch den Sturzregen ausgelöste Flutkatastrophe vor allem Straßen, aber auch Schienen und das Stromnetz in Mitleidenschaft gezogen, sagte Ernst Rauch vom Corporate Climate Centre des weltgrößten Rückversicherers Munich Re am Montag in München.
Mögliche Schäden für die Ölindustrie, etwa an Plattformen oder Raffinerien, seien bisher nicht bekannt. Die Anlagen seien aber professionell geführt und auch gut geschützt, so Rauch. Generell sei es für Schadensschätzungen noch zu früh, zumal die Naturkatastrophe noch andauere.
Der Dauerregen sorgte unter anderem in Houston, der viertgrößten Stadt der USA, für Überflutungen. Binnen 24 Stunden waren dort 60 Zentimeter Regen gefallen. In der Stadt leben rund 2,3 Millionen Menschen, in der Metropolregion mehr als sechs Millionen. Zwei Krankenhäuser in Houston mussten evakuiert werden. Auch die wichtigsten Schnellstraßen waren von den Überschwemmungen betroffen. "Die Straßen, auf denen du täglich fährst, sind vollständig unter Wasser", sagte der Bewohner John Travis
Weitere Regenfälle prognostiziert
Der Flugbetrieb an den beiden Flughäfen der texanischen Metropole kam zum Erliegen, darunter auch das vielgenutzte Luftverkehrsdrehkreuz George Bush Intercontinental Airport. Innerhalb von 15 Stunden wurden in Houston 56.000 Notrufe registriert - sieben Mal mehr als üblich. Die städtische Katastrophenschutzbehörde forderte die Einwohner auf, sich aufs Dach zu retten, wenn das oberste Stockwerk ihres Hauses nicht mehr sicher sei.
Houstons Bürgermeister Sylvester Turner wies Vorwürfe zurück, dass Evakuierungen zu spät veranlasst worden seien. Zahlreiche Menschen aus ihren Häusern hinaus auf die Straßen zu schicken, werde nicht leichtfertig angeordnet, sagte er vor Journalisten
Die US-Katastrophenschutzbehörde Fema erklärte, voraussichtlich müssten mehr als 30.000 Flutopfer in Notunterkünften untergebracht werden. Die Rettungseinsätze würden "ein sehr schweres Gewicht haben", sagte Fema-Chef Brock Long bei der Pressekonferenz in Washington. An den Rettungseinsätzen vor Ort beteiligten sich außer Feuerwehr und Polizei auch Tausende Nationalgardisten sowie die Zivilbevölkerung.
Der texanische Gouverneur Greg Abbott sagte, die Lage werde sich weiter verschlimmern. Schon jetzt gingen die Schäden "in die Milliarden".
Auf einem Video aus Houston ist etwa ein Mann zu sehen, der sich im Hochwasser verzweifelt an ein Auto klammert und noch rechtzeitig von Helfern in einem kleinen Boot gerettet wird.
Altersheim unter Wasser
Wie dramatisch die Lage ist, drückte sich in einem Foto aus, das auf Twitter veröffentlicht wurde: Es zeigt mehrere Bewohner eines Altersheimes in Dickinson bei Houston, denen im Sitzen das Wasser mindestens bis zur Taille steht. Gepostet wurde es nach Medienberichten vom Schwiegersohn der Eigentümerin des Heimes, die es seiner Frau - ihrer Tochter - Sonntagfrüh zugeschickt hatte, um Hilfe zu bekommen. Die Tochter, Kimberly McIntosh, sagte dem Sender CNN, die Aufnahme sei echt. Demnach wurden alle Senioren in dem Heim später von Nationalgardisten in Sicherheit gebracht. Ein Behördenvertreter habe das bestätigt, teilte CNN mit.
Hafenstadt Rockport von der Landkarte gefegt
"Harvey" könnten Ausmaß von "Katrina" erreichen
Die Hochwasserschäden durch den Hurrikan "Harvey" könnten Experten ähnlich hoch liegen wie bei "Katrina". Für präzise Schätzungen sei es noch zu früh, da der Sturm noch weiter wütete. Bei "Katrina" 2005 gab es in den US-Bundesstaaten Louisiana und Mississippi versicherte Hochwasserschäden von mehr als 15 Milliarden Dollar.
Zahlreiche Raffinerien mussten Betrieb einstellen
Schätzungen zufolge liegen derzeit Kapazitäten von mehr als zwei Millionen Barrel pro Tag still. Dies entspricht etwa einem Drittel der Raffinerie-Leistung in den US-Bundesstaaten Texas und Louisiana. Die Schäden an den Anlagen könnten erheblich sein und ihre Behebung länger dauern, sagte Analyst Jeffrey Halley vom Brokerhaus Oanda.
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