"Blade Runner" Pistorius vor Haftrichter
Nach den tödlichen Schüssen auf seine Freundin wird der sechsmalige Paralympics-Sieger Oscar Pistorius am Freitag einem Haftrichter im südafrikanischen Pretoria vorgeführt. Dieser muss entscheiden, ob gegen den am Donnerstag festgenommenen Sportler formell Mordanklage erhoben wird und er möglicherweise gegen eine Kaution zunächst freigelassen wird. Pistorius will nach Angaben seines Anwalts Kenny Oldwage in jedem Fall einen Antrag stellen, auf Kaution freigelassen zu werden. Sein Mandant sei "aufgewühlt, aber es geht ihm gut", meinte Oldwage laut der südafrikanischen Nachrichtenagentur SAPA nach einem Besuch bei Pistorius.
Glamour-Paar
Nun steht er unter Mordverdacht: Oscar Pistorius soll seine Freundin, das Model Reeva Steenkamp, erschossen haben. Der 26-jährige Pistorius und die 29-jährige Steenkamp galten in Südafrika als Glamour-Paar – er ein gefeierter Sportler, sie ein bekanntes Fotomodell, das gerade dabei war, eine TV-Karriere zu starten. Wie es zu der Bluttat kam, die sich in Pistorius’ Haus in Silverlakes ereignete, war zunächst unklar.
Häusliche Gewalt
Nachbarn alarmierten die Polizei, als sie um drei Uhr Früh die Schüsse hörten. Sie berichteten auch, dass am Abend vor der Bluttat laute Auseinandersetzungen und Schreie zu hören waren. Bei den Ermittlern hieß es, dass die Polizei immer wieder wegen „häuslicher Gewalt“ zu der Villa in Silverlakes, einem Nobel-Vorort von Pretoria, gerufen worden war.
Pistorius hatte in der Vergangenheit offen darüber gesprochen, Waffen zu besitzen und mit einer Neun-Millimeter-Pistole auf einem Schießstand zu trainieren. Der New York Times erzählte er, er sei einmal mit einer Waffe durchs Haus gegangen, als die Alarmanlage irrtümlich losging. Südafrika hat eine der höchsten Kriminalitätsraten der Welt. Viele Menschen versuchen, sich mit Waffen zu schützen.
Gendefekt
Oscar Pistorius wurde durch einen Gendefekt ohne Wadenbeine und äußere Fußseiten geboren. Im Alter von elf Monaten wurden ihm beide Beine unterhalb der Knie amputiert. Seine größten sportlichen Erfolge feierte er 2004, 2008 und 2012 bei den Paralympics, wo er insgesamt sechs Mal Gold, ein Mal Silber und ein Mal Bronze gewann. Im Jänner 2008 entschied der Leichtathletik-Weltverband (IAAF), dass die Karbon-Prothesen Pistorius Vorteile verschaffen; deshalb durfte er nicht an den Olympischen Spielen in Peking teilnehmen.
Im Mai 2008 errang Pistorius einen Sieg gegen den IAAF – der Internationale Sportgerichtshof hob das Verbot wieder auf. Pistorius verpasste aber die Qualifikation für die Spiele in Peking. Vor der WM 2011 sagte der „schnellste Mann ohne Beine“: „Ich möchte mein Land stolz machen. Ich bin hungrig und ich glaube an mich.“ Diesem Motiv war der Sportler, der auch wegen seines gewinnenden Auftretens extrem beliebt war, stets gefolgt. Pistorius wurde 2012 vom Magazin Time in die Top 100 der einflussreichsten Menschen aufgenommen.
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