1.000 Menschen wurden allein in Simbach am Inn obdachlos. Viele Menschen haben alles verloren.
08.06.16, 16:29
In den Flutgebieten im niederbayerischen Landkreis Rottal-Inn müssen sich die Menschen auf eine lange Aufräum- und Sanierungszeit einstellen. "Es wird Jahre dauern, bis wieder Normalität in den Überflutungsgebieten einkehren kann", sagte der Landrat von Rottal-Inn, Michael Fahmüller (CSU), am Mittwoch. Etwa 1.000 Menschen waren allein in Simbach am Inn obdachlos geworden.
Helpers walk across the street covered with rubble on June 3, 2016 inside Simbach am Inn the day after a flash floods. / AFP PHOTO / dpa / Peter Kneffel / Germany OUT
Die meisten von ihnen leben derzeit bei Freunden und Verwandten. Zwei Dutzend Betroffene sind weiter in Pensionen in der Nachbarstadt
Braunau in
Oberösterreich untergebracht.
"Das Wichtigste wird sein, Häuser und Wohnungen zu bauen, damit die Menschen wieder eine Heimat haben", betonte Fahmüller. Viele Menschen hätten alles verloren oder ihr geretteter Hausstand passe in einen halben Kofferraum.
ABD0084_20160606 - Soldaten des Panzerpionierbataillon 4 gehen am 06.06.2016 in Simbach am Inn (Bayern) durch ein Wohngebiet, um sich an den Aufräumarbeiten zu beteiligen. In der Stadt im Landkreis Rottal-Inn hatte eine Flutwelle sieben Todesopfer gefordert und große Schäden angerichtet. Foto: Tobias Hase/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Bei der Beseitigung des Schlamms im niederbayerischen
Hochwassergebiet sind seit Dienstag Wasserwerfer im Einsatz. In der besonders schlimm betroffenen Gemeinde Triftern (Landkreis
Rottal-Inn) reinigte mit Hochdruck aus Wasserwerfern gespritztes Nass die Straßen, wie das Landratsamt mitteilte. Auch in
Simbach am Inn sei der Einsatz der
Fahrzeuge geplant.
ABD0029_20160603 - Vom Hochwasser weggespülte Autos liegen am 03.06.2016 in der Innenstadt von Simbach am Inn (Bayern). Mindestens sechs Menschenleben hat die Flutwelle in Niederbayern gefordert. Foto: Peter Kneffel/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Unterdessen wurden die ersten besonders einsturzgefährdeten Gebäude abgerissen. In
Simbach solle so bald wie möglich die zum Schulzentrum führende zerstörte Brücke am Ortseingang durch ein Provisorium ersetzt werden.
Das Wetter beruhigte sich noch immer nicht: Ein
Unwetter richtete am Montagabend in Nürnberg erheblichen Schaden an. Dutzende Keller und Wohnungen standen unter Wasser. Ein Blitzeinschlag setzte einen Dachstuhl in Brand. Auf der Tagesordnung der Kabinettssitzung am Dienstag standen umfangreiche finanzielle Hilfen für die Flutopfer ganz oben.
FC Bayern spendet 100.000 Euro für Flutopfer
Der
FC Bayern München hat für die Geschädigten und Opfer der Flut-Katastrophe in
Niederbayern 100 000 Euro als Soforthilfe gespendet. Wie der deutsche Fußball-Rekordmeister am Mittwoch bekanntgab, könne der Landrat des besonders betroffenen Landkreises Rottal-Inn entscheiden, wo das Geld eingesetzt wird. Mit der Geste wolle der FC Bayern "seine Solidarität mit den vom Unglück betroffenen Menschen in
Niederbayern ausdrücken und ihnen in ihrer Not helfen", sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Bei der Flut waren vor einer Woche sieben Menschen getötet worden, etwa 1000 Menschen verloren allein in der Gemeinde Simbach am Inn ihre Häuser.
Aerial view of flood damage the Bavarian village o
Eine beispiellose Serie von
Unwettern hat Deutschland in den vergangenen zwei Wochen getroffen. Mindestens vier Tornados bildeten sich, Schlamm und Wasserfluten trafen Städte und Dörfer, Blitze verletzten zahlreiche Menschen. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) gab seit Beginn der Serie am 26. Mai 3.000 Unwetterwarnungen heraus.
"Das ist einmalig, seit es das Warnsystem auf Landkreisebene gibt", sagte DWD-Sprecher Andreas Friedrich am Mittwoch. Seit rund 15 Jahren gibt der Wetterdienst Warnungen für einzelne Landkreise heraus. Blitze trafen Dutzende Menschen - etwa auf Sportplätzen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württembergoder beim Open Air-Festival "Rock am Ring". Es gab etliche Schwerverletzte, darunter einen Mitarbeiter des Frankfurter Flughafens, dessen Headset am Dienstagabend auf dem Rollfeld von einem Blitz getroffen wurde. Bei Unwettern und Hochwasser im Südwesten und Niederbayern starben insgesamt elf Menschen.
Sturzregen im Süden und Südwesten brachten Erdrutsche und Schlammlawinen, die mehrere Orte verwüsteten. Die größte Regenmenge in kurzer Zeit traf nach DWD-Angaben Gundelsheim bei Schwäbisch Hall, wo am 29. Mai in weniger als sechs Stunden 122 Liter Regen pro Quadratmeter fielen, mehr als sonst in einem ganzen Monat.
Vier Tornados in Deutschland
In der unwetterträchtigen Wetterlage gab es nach DWD-Angaben mindestens vier Tornados in Deutschland. Die Experten gehen inzwischen davon aus, dass es auch am Dienstag in Hamburg ein Tornado war, der schwere Schäden hinterließ. Bestätigt seien drei Tornados am 5. Juni - einer in Hessen und zwei in Schleswig-Holstein. Wahrscheinlich seien es deutlich mehr gewesen, es gebe viele Verdachtsfälle, sagte
Friedrich, der auch DWD-Tornadobeauftragter ist. Dass die Zahl der zerstörerischen Wirbelstürme in Deutschland zunimmt, sei nicht nachweisbar, sagte
Friedrich.
"Tief Mitteleuropa" Schuld an den vielen Unwettern
Schuld an den vielen Unwettern ist eine Großwetterlage mit der Bezeichnung "Tief Mitteleuropa". "Ausmaß und Andauer des Unwettergeschehens sind absolut außergewöhnlich", schrieben DWD-Experten in einem Zwischenbericht. Eine solche Wetterlage habe auch die Jahrhunderthochwasser 2013 in Süddeutschland und 2002 an der Elbe ausgelöst. Nur alle 100 Jahre falle so viel Regen in kurzer Zeit wie in den betroffenen baden-württembergischen Orten.
Ein riesiges Höhentief liegt fast unbeweglich in mehr als fünf Kilometern Höhe über weiten Teilen Mitteleuropas. Weil in der Atmosphäre nur wenig Bewegung ist, ziehen auch die Bodentiefs - nach "Elvira" folgte "Friederike" - nur sehr langsam. In der feucht-warmen Luft bilden sich häufig Gewitter, deren Wolken ebenfalls standfest sind und ihren Regen auf eine Stelle abladen. "Tief Mitteleuropa" komme immer wieder vor, aber die Wetterlage halte sich selten so lange, sagte Friedrich. "Eine Begründung dafür gibt es nicht, das ist Zufall."
Die französische Regierung hat die von Überschwemmungen betroffenen Regionen zu Katastrophengebieten erklärt. In 782 Gemeinden in 16 französischen Departements wird der Katastrophenfall ausgerufen, wie am Mittwoch nach einer Kabinettssitzung in Paris aus Regierungskreisen verlautete. Damit ist der Weg frei für eine schnellere Entschädigung der Betroffenen.
TOPSHOT - A photo taken on June 5, 2016 at night shows the lighted Eiffel Tower in front of the Seine river in front Beaugrenelle in Paris.
Parisians were urged to stay away from the Seine, which has spilled over its banks in places and on June 3, 2016 rose 6.07 metres (19ft 9ins) above its normal level. Authorities said the river could swell to "perhaps 6.5 metres (21 feet) in a worst-case scenario", comfortably beating a level reached during floods in 1982. The record remains the 8.68 metres reached during devastating floods in 1910. / AFP PHOTO / Bertrand GUAY
Heftige Regenfälle hatten in
Frankreich wie auch in Deutschland zu schweren
Überschwemmungen geführt. Besonders betroffen waren der Norden, die Region um
Paris und die Loire-Region. Die Schäden werden auf zwischen 900 Millionen und 1,4 Milliarden Euro geschätzt.
A photo taken on June 5, 2016 shows the flooded river Seine in Paris.
Parisians were urged to stay away from the Seine, which has spilled over its banks in places and on June 3, 2016 rose 6.07 metres (19ft 9ins) above its normal level. Authorities said the river could swell to "perhaps 6.5 metres (21 feet) in a worst-case scenario", comfortably beating a level reached during floods in 1982. The record remains the 8.68 metres reached during devastating floods in 1910. / AFP PHOTO / Bertrand GUAY
Bei den
Unwettern starben fünf Menschen. Zuletzt ertrank am Dienstag in der nordfranzösischen Gemeinde
Mondicourt ein Mann in seinem
Auto, als das
Fahrzeug von den schnell ansteigenden Wassermassen erfasst wurde.
Auch in großen Teilen Belgiens gab es schwere Unwetter. Starker Regen führte zu Überschwemmungen, wie die Nachrichtenagentur Belga berichtete. Die Pegel vieler Flüsse seien dramatisch angestiegen. Im Westen des Landes gingen schweren Hagelschauer nieder.
Mehrere belgische Autobahnen wurden aus Sicherheitsgründen gesperrt. In der Provinz Hennegau an der französischen Grenze befreite die Feuerwehr drei Insassen eines Autos. In Brüssel musste eine U-Bahnstation wegen Überschwemmung teilweise geschlossen werden.
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