U-Boot-Suche: Explosion war 8000 km weit zu hören

Wassereinbruch durch die Schnorchel wird vermutet: Dann kann es zum Mega-Kurzschluss kommen.
Nach Wassereinbruch hatte die Mannschaft offenbar keine Chance, sich zu retten.

Bei den Angehörigen der U-Boot-Besatzung der San Juan wechseln Trauer und Wut. Das Boot soll bereits am Mittwoch, dem 15. November, um 14:51 MEZ explodiert sein, da wurde ein ungewöhnliches, nicht natürliches Schallereignis "impulsiver Art" von der internationalen Atomteststoppbehörde CTBTO mit Sitz in Wien registriert. Jetzt wollen Spezialisten aus aller Welt, auch die Russen sind dabei, mit ihren Spezial-Geräten den Meeresgrund absuchen. Denn ein U-Boot-Unfall und die Ursache dafür interessiert Militärs auf der ganzen Welt.

Die Suche nach dem U-Boot wird schwierig, da die Meerestiefe an der vermuteten Stelle zwischen 200 und 3000 Meter variiert, da dort der Rand des unterseeischen Kontinentalhangs verläuft. Ein ferngesteuertes Unterwasserfahrzeug und ein Mini-U-Boot der US-Navy sollen den Meeresgrund bis auf 600 Meter Tiefe absuchen.

U-Boot-Suche: Explosion war 8000 km weit zu hören
Maria Krawczyk, a submarine officer on board the Argentine navy submarine ARA San Juan, which went missing in the South Atlantic, is seen in this still image taken from a Ministry of Defense of Argentina video obtained by Reuters. Ministerio de Defensa de Argentina/via REUTERS THIS IMAGE HAS BEEN SUPPLIED BY A THIRD PARTY. MANDATORY CREDIT.NO RESALES. NO ARCHIVES
Das weltweite Messsystem gegen Atomtests, das den entscheidenden Hinweis auf das Schicksal des verschwundenen U-Boots "Ara San Juan" geliefert hat, konnte die "verdächtigen Klänge", die auf eine schwere Explosion deuten, erst nach tagelangem Rechnen mit Zusatzsoftware, die oft erst händisch geschrieben werden musste, herausfiltern. Die Experten der  CTBTO Preparatory Commission berechneten aus den Signalen ihrer Unterwasser-Richtmikrophone, die mit Ankern am Boden gesichert und jeweils in einem Dreieck von zwei Kilometer Seitenlänge angeordnet sind, den Ursprung des Schalls. Weil es neben der Messung von den Crozetinseln im Indischen Ozean (8000 km von der Unfallstelle entfernt) auch die von der Ascencion-Insel im Atlantik (7000 km von der Unfallstelle entfernt) gab, konnten die Wiener Analysten das Ereignis lokalisieren: 46,12 Grad südlicher Breite und 59,69 Grad westlicher Länge.

Das ist nicht weit von der letzten Position der "San Juan" entfernt, die genau drei Stunden und 21 Minuten vor dem nun untersuchten Knall zum letzten Mal Kontakt mit ihrer Basis hatte. Da hatte der Kapitän ein Problem mit den Batterien gemeldet.

Wassereinbruch

U-Boot-Suche: Explosion war 8000 km weit zu hören
Grafik
Das Batteriesystem des elektrischen Antriebs der San Juan war mehrere hundert Tonnen schwer. Erfahrene U-Boot-Fahrer sehen darin eine Schwachstelle, weil die Batterien Wasserstoff abgasen. Der Wasserstoff könnte sich – unter Umständen und je nach Konzentration – mit Luft im U-Boot zu einem explosiven Gemisch verbinden. Die Batterieanlage wird deshalb dauernd durchlüftet und Sensoren melden kritische Knallgaskonzentrationen.

Bei einem Wassereinbruch, etwa durch eine brüchige Schweißnaht oder den Schnorchel, setzt die Batteriesäure in Kontakt mit dem Meersalz über Salzsäure Chlor frei. Zugleich kann sich das ganze U-Boot quasi in eine riesige Batterie verwandeln, wenn der Batteriestrom auf den Metallrumpf durchschlägt und mächtige Spannungsbögen erzeugt. Dieser elektrische "Großkurzschluss" kann sich im Inneren als mächtige Explosion äußern. Dann hätte die Crew nicht die leiseste Chance gehabt.

Glück wie sie hatten wohl nur wenige Seeleute in der Geschichte der U-Boote. Das kleine russische Tauchboot AS-28 war wegen eines Defektes vor der Halbinsel Kamtschatka auf über 170 Meter Tiefe abgesackt und saß dort fest. Nach drei Tagen schaffte es ein britischer Tauchroboter mit Schneidewerkzeugen, die sieben Mann Besatzung zu retten.

Ein paar Jahre zuvor hatte sich das wohl schlimmste U-Boot-Unglück der jüngeren Vergangenheit ereignet. Das russische Atom-U-Boot Kursk war im August 2000 in der Barents-See verschwunden. Alle 118 Mann an Bord starben. Ursache war ein missglückter Test neuartiger Riesentorpedos. Als das Wrack schließlich gefunden wurde, stellte man – auch durch Briefe, die man bei den Seeleuten fand– fest, dass 28 von ihnen Explosion und Feuer überlebt hatten und schließlich erstickt waren.

Brände an Bord waren mehrmals die Ursache von Katastrophen an Bord von U-Booten der Sowjetunion. So brach in einem ihrer modernsten Atom-U-Boote, der Komsomolets, 1989 ein Feuer aus. Wahrscheinlich war ein Unglück beim Testen neuer Waffen an Bord die Ursache. Die meisten Mitglieder der 70 Mann starken Besatzung wurden nicht durch das Feuer getötet, sondern durch Verstrahlung, vermutlich durch Explosion einer der Atomreaktoren an Bord.

Das U-Boot-Unglück mit den bis heute meisten Opfern ereignete sich an Bord eines US-U-Bootes. Die USS-Thresher sank 1963 vor Cape Cod an der US-Ostküste. Alle 129 Seeleute starben. Ursache war ein offensichtlich waghalsiger Tieftauch-Test auf eine Tiefe von 400 Meter, dem das Boot nicht standhielt. Eine explodierende Leitung ließ den gesamten Antrieb ausfallen. Das Boot sackte ab und wurde später auf fast 3000 Meter Tiefe gefunden. Der Rumpf war durch den Druck zerquetscht worden.

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