Die deutsche Willkommenskultur schwindet

Selfie mit Merkel: Die Kanzlerin mit Flüchtlingshelfern
Studie: Skepsis gegenüber Migranten wächst. Merkel übt sich dennoch in positivem Pragmatismus.

Willkommenskultur. Schon das Wort steht so sehr für das, was sich im Sommer 2015 in Deutschland ereignet hat, dass selbst englische Medien es verwenden – die Aufnahmebereitschaft, die die Deutschen damals an den Tag legten, war jedenfalls speziell.

Dass sie, wie schon damals befürchtet, nur von begrenzter Dauer sein würde, zeigt nun eine Studie der Bertelsmann-Stiftung. Glaubten 2015 mehr als die Hälfte der Befragten, Deutschland könne noch mehr Geflüchtete aufnehmen, sehen heute 54 Prozent das Land an der Belastungsgrenze; 2015 lag dieser Wert bei 40 Prozent. Besonders ausgeprägt ist diese Skepsis bei über 60-Jährigen und im Osten – in jenen Gruppen, die weniger Kontakt mit Migranten haben.

"Haben es bewältigt"

Trotz dieser Kratzer im öffentlichen Meinungsbild gaben sich die Forscher positiv überrascht. "Wir hätten erwartet, dass mehr Stimmungsumschwung erkennbar ist", so Ulrich Kober, Migrationsexperte der Bertelsmann Stiftung, in einem Presse-Interview. Noch immer sei eine Mehrheit – 59 Prozent – Flüchtlingen gegenüber prinzipiell positiv eingestellt; und das, obwohl monatlich noch immer 14.000 Flüchtende in Deutschland ankämen, wie auch Angela Merkel am Freitag bei einem Empfang für Flüchtlingshelfer sagte. Ob man das noch "schaffen könne", wie sie mit Verweis auf ihr ikonisches Zitat gefragt wurde, sagte sie pragmatisch: "Wir haben es doch bewältigt", sagte sie.

Dass dies nicht nur für Behörden und Bürger gilt, sondern auch für ihre eigene Partei, kann man an den Umfragewerten ablesen: Hatte man angesichts des Aufstiegs der AfD nach dem Sommer 2015 den Eindruck, die Stimmung sei komplett gekippt, liegt die CDU nun wieder bei 36 Prozent – Tendenz steigend.

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