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Denkmalstreit um Karl Marx zum 200. Geburtstag

Denkmalstreit um Karl Marx zum 200. Geburtstag
Jubiläumsprogramme. Riesenhype in China, dort macht sich jeder seinen persönlichen Marxismus

Wovon träumt der chinesische Marxismus-Student des 21. Jahrhunderts, wenn er sich die ideale Freundin herbeifantasiert? Von Jenny Marx natürlich, der Ehefrau des „unsterblichen Karl Marx“. Zumindest steht das in der englischen Ausgabe der chinesischen Zeitung

Xinhua. Die Hymnen, die dieser Tage auf den Vordenker des Kommunismus gesungen werden, sind gigantisch. So wie die Statue, die die Volksrepublik China hat anfertigen lassen für den Mann aus Trier, der heute, Samstag, 200 Jahre alt geworden wäre.

In seiner rheinland-pfälzischen Geburtsstadt Trier sorgt die 4,40 Meter hohe braune Bronzestatue, die heute enthüllt werden soll nicht nur für Begeisterung.

Der Autorenverband P.E.N.-Club erinnert an die kranke Dichterin Liu Xia und fordert von China ihre Entlassung aus dem Hausarrest und Ausreise nach Deutschland. Pen-Vizepräsident Ralf Nestmeyer bittet in einem Freitag bekannt gewordenen offenen Brief an Triers Oberbürgermeister Wolfram Leibe (SPD) eindringlich, die Enthüllung zu verschieben im Sinne der Meinungsfreiheit. „Ich bin mir sicher, dass dies auch im Sinne von Karl Marx gewesen wäre“, schreibt Nestmeyer. Marx habe die Pressefreiheit als Ausdruck einer liberalen demokratischen Gesellschaftsform gesehen. „Paradoxerweise wird gerade diese Freiheit in China seit Jahren extrem eingeschränkt.“

Der größte Denker

In der großen Halle des Volkes in Peking wurde am Freitag die rote Fahne des Marxismus hochgehalten. Karl Marx sei „der größte Denker der Neuzeit“, sagte Präsident und Parteichef (auf Lebenszeit) Xi Jinping bei der Geburtstagsfeier vor 10.000 stramm jubelnden Parteikadern. Xi nannte Karl Marx den „revolutionären Lehrer des Proletariats und der arbeitenden Menschen überall auf der Welt“. Seine Theorie „leuchtet immer noch im brillanten Licht der Wahrheit“. Alle Chinesen inklusive der 370 Milliardäre des Landes wurden aufgefordert, zu den „Wurzeln des Marxismus“ zurückzukehren. Die Zeitung

Xinhua lässt eine Uniprofessorin erklären, wie das geht: „In jeder Familie werden die Denkrichtungen des Marxismus auf verschiedene Arten gelebt. Fast ohne Ausnahme sind sie alle sehr interessant. Ich vertraue auf den Charme des Marxismus.“ Und damit passen auch der chinesische Konsumwahn und das Streben nach Reichtum gut zu dem bärtigen Mann aus Deutschland, der sein Leben lang am liebsten Champagner getrunken hat.

In Trier begannen die Jubiläumsfeierlichkeiten am Freitag mit einem Festakt mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Drei Ausstellungen widmen sich dem Philosophen, der zeitlebens mit Geldproblemen kämpfen musste. Seiner schönen Frau Jenny schrieb Karl Marx voll Stolz: „Es ist verdammt angenehm für einen Mann, wenn seine Frau in der Phantasie einer ganzen Stadt so als verwunschene Prinzessin fortlebt.“ Und würde Karl Marx heute China bereisen, so könnte er sehen, dass sich alle seine „Prophezeiungen in eine wunderschöne Realität verwandelt haben“, sagt ein junger Verehrer im WeChat.

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