Zwischen Nizza und Monaco liegt die kleine Gemeinde Saint-Jean-Cap-Ferrat, die seit über 100 Jahren Anziehungspunkt der Hocharistokratie und des Geldadels ist. Anfang des 20. Jahrhunderts kaufte der belgische König Leopold II., damals einer der reichsten Männer der Welt, das Anwesen Les Cédres mit einem 14 Hektar großen Park und baute es zum pompösen Schloss aus. 1924 übernahm die Familie Marnier, die mit der Likörmarke Grand Marnier reich geworden war, den Besitz. Jetzt bietet Suzanne Marnier-Lapostolle Schloss und Grund um alles in allem eine Milliarde Euro zum Verkauf an. Realistischer wären 300 Millionen Euro, auch damit würde Leopolds Vermächtnis noch im Rekordbereich am teuersten Immobilienstandort der Welt bleiben.
Herrschaft der Peitsche
Die Geschichte Leopolds II. aus dem Hause Sachsen Coburg ist eine Geschichte der Gier, der Barbarei und Menschenverachtung. Seine pompöse Villa hat er mit Blutgeld gebaut.
Leopold, der vom eigenen Vater als "raffiniert und durchtrieben" beschrieben worden war, kam 1865 auf den Thron. Aber Belgien war ihm mehr oder weniger egal: "Kleines Land, kleine Leute", äußerte er sich verächtlich. Zunächst spekulierte er mit Anteilen am Suez-Kanal und wurde damit reich. Irgendwann wollte er die Fidschi-Inseln kaufen, dann wieder Seen in Ägypten trockenlegen.
Leopold II. wollte vor allem eines: Kolonialherr sein. In Afrika gab es nur noch wenige "weiße Flecken" wie den riesigen Kongo. 1879 heuerte er den britisch-amerikanischen Abenteurer Henry Morton Stanley an, um dort Stützpunkte zu errichten. Mit Schnaps und Perlen wurden die Stammesführer übers Ohr gehauen. Schon nach sechs Jahren war Leopold am Ziel. In einer Konferenz in Berlin, an der 14 Staaten teilnahmen, wurde ihm der Kongo als Privatbesitz übertragen. Ein Gebiet 80 Mal größer als Belgien.
Die Schreckensherrschaft, die
Leopold und seine Leute dort errichteten, mutet bis heute unvergleichbar grausam an. Die Kongolesen wurden versklavt, sie schufteten für den König, der es auf Elfenbein und später, als der erste Autoreifen erfunden war, auf Kautschuk abgesehen hatte. Bis heute ist unklar, wie viele Menschen seiner Herrschaft zum Opfer fielen. Zwischen fünf und 15 Millionen, vermuten Wissenschafter.
Zur Abschreckung wurden bereits kleine Kinder ausgepeitscht. Handabhacken war eine gängige Strafe, die Leopold aber nicht gefiel: "Ich würde alles Übrige abschneiden, aber doch nicht die Hände. Genau die brauche ich doch im Kongo."
Damit keine Patronenkugel zu viel verschossen wurde, nahmen die brutalen Söldner von jedem Toten Gliedmaßen, manchmal schlugen sie die Köpfe ab und nahmen sie als Souvenir mit nach Hause. Tote wurden auch präpariert und in Europa ausgestellt.
Leopolds Treiben flog auf, ein Reederei-Angestellter hatte entdeckt, dass die Schiffe nach Afrika ausschließlich Waffen und Patronen geladen hatten. Bilder der Verstümmelten tauchten auf. 1908 musste Leopold den Kongo an die belgische Regierung verkaufen. Joseph Conrad und Mark Twain haben die Schreckensherrschaft beschrieben.
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