C. Concordia: Reederei suspendiert Kapitän

Kapitän Schettino, Archivaufnahme
Die Kreuzfahrtgesellschaft distanziert sich von Francesco Schettino. Unterdessen rutscht das havarierte Schiff immer weiter ab.

Kapitän Schettino steht mit dem Rücken zur Wand: Zwischen der italienischen Reederei Costa Crociere und dem Kapitän Francesco Schettino ist ein Krieg ausgebrochen. Die Reederei ist der Betreiber des vor einer Woche vor der Küste der Toskana havarierten Kreuzfahrtschiffes "Costa Concordia". Die Kreuzfahrtgesellschaft wirft dem Kapitän vor, die Situation an Bord nach der Havarie heruntergespielt zu haben. "Er hat uns belogen", sagte Geschäftsführer Pierluigi Foschi. Schettino behauptet dagegen, dass er nach der Havarie sofort mit dem Krisenmanager der Kreuzfahrtgesellschaft telefoniert habe und ihm Schritt für Schritt die Entwicklungen an Bord beschrieben habe.

Die Reederei macht den Kapitän allein für die Katastrophe verantwortlich. Die Gesellschaft werde den 52-Jährigen nicht vor Gericht verteidigen und seine Prozess- und Anwaltskosten nicht zahlen, teilte der Rechtsanwalt von Costa Crociere, Marco De Luca, mit. Der unter Hausarrest stehende Schettino wurde am Donnerstag von seinem Arbeitgeber suspendiert. Dies versetzt Schettino in eine schwierige Lage. "Wir werden gegen den Kapitän vor Gericht vorgehen. Er hat sich uns gegenüber nicht ehrlich verhalten", meinte Foschi. Der Costa-Chef bezeichnete Schettino als guten Kapitän, der jedoch einige "Charakterprobleme" hatte.

Suche unterbrochen

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Unterdessen mussten die Tauchmannschaften vor der toskanischen Insel Giglio die Suche nach weiteren Vermissten im Wrack des Kreuzfahrtschiffs " Costa Concordia" erneut unterbrechen. Das havarierte Kreuzfahrtschiff habe sich bewegt, erklärte ein Sprecher der Rettungsteams Freitagfrüh. Die Stabilität des Schiffes muss laufend geprüft werden, um das Leben der Taucher nicht zu gefährden.

Bisher wurden acht der elf Todesopfer identifiziert. Dabei handelt es sich um vier Franzosen, einen Italiener, einen Spanier, einen Ungarn sowie einen Peruaner. Nicht ausgeschlossen wird, dass das Schiff an Felsen verankert werden soll, so die Rettungsteams. Damit will man das Sinken des Wracks verhindern, sollten sich die Wetterbedingungen verschlechtern.

Mysteriöse Frau

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Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zum Schiffsunglück konzentrieren sich indes auf eine junge Frau. Nach Medienberichten wolle man eine 25-jährige Moldawierin, Domnica C., befragen, die sich in der Nacht des Unglücks mit Schettino auf der Kommandobrücke befand, jedoch nicht in die Liste der Passagiere eingetragen war. Der Kapitän selber hatte vor Ermittlern berichtet, dass sich die Frau auf der Kommandobrücke befand.

Die Frau, die laut Medien fünf Jahre lang auf Kreuzfahrtschiffen der Rederei Costa Crociere gearbeitet hatte, berichtete, dass sie einen Urlaub an Bord verbringen wollte. Sie wurde am Abend des Unglücks in Begleitung des Kapitäns gesehen. In einem Interview mit einem moldawischen TV-Kanal verteidigte die Frau Schettino. "Er hat über 3000 Personen das Leben gerettet. Er hat eine außerordentliche Arbeit geleistet, das denkt die ganze Besatzung", sagte sie. Wie weiters berichtet wird, sei es für das Personal von Kreuzfahrten nicht unüblich, dass Kapitän und Offiziere diskret Freunde oder Verwandte auf ihr Schiff einladen.

Aktuell wird überprüft ob sich weitere blinde Passagiere an Bord der "Costa Concordia" befanden.

Hausarrest

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Die italienischen Medien nennen Francesco Schettino indes „Kapitän Feigling“. Zu haarsträubend klingen seine Rechtfertigungsversuche. Hafenoffizier Gregorio De Falco, der den Kapitän unmissverständlich zum Handeln aufgefordert hatte, stieg dagegen zum Nationalheld Italiens auf.

Der Kapitän, dem fahrlässige Tötung und das vorzeitige Verlassen des Schiffes vorgeworfen wird, steht unter Hausarrest. Er gab bisher zu, dass er mit seinem riskanten Manöver, dem Verneigen, „inchino“ genannt, bei dem das Schiff ganz nahe an die Küste heranfährt, einen Freund grüßen wollte. „Doch ich habe dabei einen Fehler gemacht und den Felsen übersehen. Ich kenne diese Strecke gut und ich hatte das Manöver schon drei oder vier Mal vollführt. Ich war Opfer meiner Gedanken“, so Schettino.

Ausgerutscht

Der Unglückskapitän bestritt seine Flucht von Bord. „Die Passagiere drängten sich am Deck, um auf die Rettungsboote zu kommen. Ich hatte nicht einmal eine Schwimmweste an, weil ich sie einem Passagier gegeben hatte. Ich versuchte, die Passagiere in die Schaluppen zu bringen. Doch plötzlich hat sich das Schiff um 70 Grad geneigt. Ich bin ausgerutscht und in die Schaluppe gestürzt.“ Wegen der starken Neigung konnte er dann nicht mehr in die „Costa Concordia“ zurückkehren. Diese Version erscheint wenig glaubwürdig, da sich in dem Boot „zufällig“ auch der zweite Offizier Dimitri Christidis und die dritte Offizierin Silvia Coronica befanden.

Die „Costa Concordia“ soll laut AIS-Daten (Automatic Identification System) vor dem tragischen Unglück bereits 52-mal ein solches Verneigen ausgeführt haben, um Bordgäste und Inselbewohner zu beeindrucken. Laut Schätzungen des Konsumentenschutzes muss die Kreuzfahrtgesellschaft Entschädigungszahlen in der Höhe von 80 Millionen Euro an die Familien der Opfer und an Betroffene des Unglücks entrichten.

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