Auf die Polizei ist kein Verlass: Karneval in Sparzeiten

Die Samba-Schulen ziehen bereits durch die Stadt. In anderen Stadtteilen regiert die Gewalt.
Karneval in einer Stadt, die ihre Polizisten nicht bezahlen kann. Soldaten sind im Einsatz.

Obwohl der Karneval offiziell erst am Freitag mit der Übergabe der Stadtschlüssel von Rio de Janeiro an König Momo, seine Königin und seine Prinzessinnen eröffnet wird, ziehen die Sambaschulen bereits durch die Straßen. Nie war das Feiern so politisch wie heuer. Die Stimmung ist nicht nur sexuell aufgeladen, sondern durch die permanente Geldnot geradezu explosiv. Deshalb patrouillieren 9000 schwer bewaffnete Soldaten.

Im Polizeiapparat gärt es. Die Stadt hat sich mit den Milliardenkosten der Olympischen Spiele so übernommen, dass sie die Polizistengehälter oft erst mit Verzögerung bezahlen kann.

In der 320.000 Einwohner-Stadt Vitoria, Hauptstadt des Bundesstaates Espírito Santo, sorgte ein fünftägiger Polizeistreik für totales Chaos, die öffentlichen Busse fuhren nicht mehr, Schulen, Banken und Geschäfte blieben auch untertags geschlossen und am Abend war die Stadt wie ausgestorben, weil es zu gefährlich war, hinauszugehen – und trotzdem gab es nach Angaben der Polizeigewerkschaft mehr als hundert Tote. Auch nach Vitoria hat die Regierung schließlich Soldaten geschickt.

Weil die Verfassung es Polizisten verbietet, ihre Arbeit niederzulegen oder an Demonstrationen teilzunehmen, blockierten Ehefrauen, Kinder und Verwandte die Polizeistationen in mehreren Städten in Espírito Santo. Die Beamten machten keine Anstalten, ihre belagerten Quartiere zu verlassen, und so brach auch dort das öffentliche Leben zusammen. Wegen der fragilen Sicherheitslage wurden in 16 Städten von Espírito Santo die Karnevalsumzüge abgesagt. Jetzt schaukelt sich die Stimmung auch in Rio de Janeiro auf. An Absage ist zwar nicht zu denken, doch dass die Lage aus dem Ruder läuft, ist auch dem Chef der Streitkräfte klar. General Eduardo Dias da Costa Villas Bôas sagte dem Magazin Valor: "Brasilien fehle ein Minimum an sozialer Disziplin."

Bei den Verkleidungen sind heuer "Donald Trumps Mauer" und Sträflingsunformen sehr angesagt: Denn Anfang Februar wurde einer der ehemals reichsten Brasilianer, Eike Batista, bei seiner Ankunft aus New York am Flughafen Rio de Janeiro festgenommen. Der Deutsch-Brasilianer soll den früheren Gouverneur von Rio, Sergio Cabral, mit 16,5 Millionen US-Dollar geschmiert haben. Cabral ist bereits in Haft.

Die Gefängnisse sind überfüllt, bei Gefängnismeutereien gab es seit Jänner 120 Tote.

Kommentare