Austro-Brasilianerin rockt Rio-Karneval

Janaina Krauskopf (l.) und ihre Freundin Viktoria Lukac.
Schlüpfriges Missgeschick rückt die Wienerin in den medialen Fokus.

Plötzlich fliegt der Schmetterling auf und davon: "Ich bin mit so viel Ehrgeiz aus Österreich nach Rio de Janeiro gekommen und wollte Samba tanzen, da hat er meiner Energie nicht widerstanden", berichtet Janaina Krauskopf brasilianischen Medien. Der Schmetterling war allerdings das einzige sichtbare "Kleidungsstück", das die "Musa" der Samba-Schule União Parque Curicica trug, als es am Freitag in die Arena der Träume ging.

Genauer gesagt in Rios weltberühmtes Sambodrom, das bis Aschermittwoch das Epizentrum von Rio de Janeiros Karnevalsfeierlichkeiten ist. In diesem "Sambódromo da Marquês de Sapuca", wie das Bauwerk im Herzen der Olympiastadt heißt, schlägt das Herz des brasilianischen Karnevals. Die 1984 vom weltberühmten Architekten Oscar Niemeyer erbaute spektakuläre Tribünenstraße im Stadtteil Cidade Nova ist etwa 700 Meter lang und bietet 88.500 Zuschauern Platz. Und in diesen Tagen ist sie Schauplatz von Träumen, Wettkämpfen und kleinen Dramen.

Angereist mit Freundin aus Wien

Mittendrin: Zwei Wienerinnen. Janina Krauskopf, Brasilianerin, die als Fitness-Trainerin im 22. Bezirk arbeitet, und Viktoria Lukac, Make-up-Artistin, geboren und aufgewachsen in Wien. Lukac sorgt mit viel Hingabe für das Make-up. "Eine besondere Herausforderung, denn in Brasilien gelten andere Voraussetzungen", sagt Lukac. Krauskopf ging als überlebensgroßer Schmetterling mit zwei riesigen Flügeln und mit jenem schicksalhaften Tape eines kleinen Schmetterlings, das den Vorschriften entsprechend die intime Körperstelle der Samba-Tänzerin verdeckte. Doch das Band hielt den Bewegungen nicht stand. So verhüllten einzig die bunten Farben des Body-Paintings und ein winziges übermaltes Stück Stoff den trainierten Körper der 41-jährigen Brasilianerin. Und das sorgte für Gesprächsstoff auf den Zuschauerrängen und der Pressetribüne.

Rios wichtigste Tageszeitung O Globo widmete mit dem Vorfall in ihrer Online-Ausgabe eine ausführliche Berichterstattung mit Bildergalerie und ließ Krauskopf zu Wort kommen: "Ich weiß, dass die Schule dadurch Punkte verlieren kann", zeigte sie sich anschließend zerknirscht und garantierte der Jury, dass das Outfit zuvor bereits beim Samba-Tanz getestet worden sei. "Ich bin eine Schauspielerin und habe versucht, mit meinem schönsten Lächeln die Situation zu überspielen." Sie ging auf die andere Seite der Avenida, um der Jury nicht zu nahe zu kommen. "Aber ich habe gesehen, dass einige Zuschauer auf mich zeigten und versucht haben, herauszufinden, ob ich ganz nackt bin oder nicht." Dem KURIER sagte sie: "Ich ärgere mich, weil das den eigentlichen Auftritt überlagert. Samba ist eigentlich ganz anders."

Trotz aller Freizügigkeit hat Rios Karneval nämlich sehr strenge Regeln. Jeder Auftritt bei den offiziellen Events wird streng kontrolliert und bewertet. Regelverstöße in Disziplin, Ausführung oder eben Kleiderordnung werden geahndet. Die Samba-Schulen erfüllen wichtige Funktionen innerhalb der brasilianischen Gesellschaft, vergleichbar mit dem Vereinsleben in Deutschland oder Österreich.

"Die Stadt ist voller Lebensfreude"

Entsprechend hart sind die Vorbereitungen, Krauskopf trainierte in Wien hart für den Auftritt, um topfit in die Karnevalstage zu gehen. Trotz des kleinen Missgeschicks wird sie die Tage in der Karnevalsmetropole genießen. Ebenso wie ihre Unterstützerin aus Österreich, die sich angesichts des Farbenspektakels begeistert zeigte. "Die Stadt ist so voller Lebensfreude, und ich bin Janaina dankbar, dass ich das alles einmal aus nächste Nähe miterleben darf. Nicht nur die spektakulären Seiten, sondern eben auch einmal abseits des bunten Trubels in der Favela", sagt Lukac. Beide Frauen engagieren sich auch sozial, planen gemeinsam Projekte für Kinder in der Favela. In den Tagen rund um die Karnevalsauftritte absolvieren sie gemeinsam Auftritte in der Medienlandschaft der Stadt, um für ihre soziale Arbeit zu werben.

Der Auftritt am Freitag war der erste Höhepunkt. Das kleine Missgeschick wird für noch mehr Motivation und wohl auch Medieninteresse sorgen, wenn es am Dienstag in die nächste Runde geht. Dann wird die in Rio de Janeiro geborene Tänzerin als "Königin" der Tanzgruppe "Vermelho e Branco" (Rot und Weiß) der Sambaschule Unidos de Bangu ihren nächsten Auftritt haben. In der streng festgelegten Zeremonie-Ordnung wird die Gruppe tanzend als Nummer 13 über die "Estrada Intendente Magalhães" ziehen. Das Thema des Auftritts passt zu den erhitzten Gemütern dieser Tage: "Wo es Rauch gibt, gibt es auch Feuer."

Aus Rio de Janeiro Tobias Käufer

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