Adolf Hitler: Vom Armenhaus ins Luxushotel

Nach Österreichs "Anschluss" an das Deutsche Reich im März 1938 ließ Hitler das Hotel Imperial "arisieren" und erklärte es zu seiner Wiener Residenz.

Als er zuletzt in Wien war, bewohnte er das Männerheim in der Meldemannstraße. Als Hitler ein Vierteljahrhundert später wiederkam, stieg er im Hotel Imperial ab. Ein Aufstieg vom Obdachlosenasyl zur ersten Adresse der Stadt.

Geträumt hat Adolf Hitler von derlei Prunk bereits als gescheiterter Kunstmaler, schwärmte er doch schon in dem Machwerk Mein Kampf, dass "die ganze Ringstraße auf mich wie ein Zauber aus Tausend und einer Nacht wirkt". Nun ging der Traum in Erfüllung, der "Führer" zeigt sich nur zwei Tage nach dem "Anschluss" auf dem Balkon des Ringstraßenhotels und lässt sich von einer großen Menschenmenge vor dem Imperial bejubeln.

Prominente Gäste

Längst ist das Imperial ein Mythos, ein geheimnisvolles Stück Wien – auch wenn es nur wenige Bewohner der Stadt von innen kennen. Dabei wurde das riesige Gebäude gar nicht für Staatsgäste gebaut, sondern für ein einzelnes Ehepaar, den Herzog von Württemberg und seine Frau Maria Theresia, eine gebürtige Habsburg. Als die beiden nach seiner Fertigstellung 1866 das Interesse an dem Palast verloren, baute ihn der Bankier Horace von Landau in ein Luxushotel um, das Monarchen, Geschäftsleute, betuchte Touristen und Künstler wie Sarah Bernhardt, Richard Wagner und später Charlie Chaplin anlockte.Und dann kommt der 14. März 1938. Hitler zieht in Wien ein, erklärt das Imperial zu seiner Residenz und steigt samt Propagandaminister Goebbels und anderen Nazi-Größen am Kärntner Ring ab. Das Neue Wiener Tagblatt rühmte: "Wie der Führer das Hotel Kaiserhof in Berlin zu seinem Hauptquartier machte, erhob er jetzt ein in Ruf und Rang dem Kaiserhof ebenbürtiges Unternehmen zum Wiener Hauptquartier."

Hotel-"Arisierung"

Parallel zu seinem Einzug laufen die Vorbereitungen zur "Arisierung" des Hauses. Samuel Schallinger, Hauptaktionär des Imperial, wird verhaftet und später ins KZ Theresienstadt deportiert, wo er 1942 ermordet wird."Hitler wohnte nicht in den Fürstenzimmern, die benutzte er nur dienstlich", schreibt seine mitgereiste Sekretärin Christa Schroeder in ihren Lebenserinnerungen. "Er selbst bewohnte ein kleines Appartement mit märchenhaft schönen Blumenarrangements... Es war überwältigend."Und die Verharmlosung geht weiter: "Zu Tausenden", berichtet die im Jahr 1949 von Hitler immer noch faszinierte Frau Schroeder, "hatten die Wiener vor dem Hotel gestanden und wurden nicht müde, nach Hitler zu rufen."Am Abend spricht er vom Balkon des Imperial zur Bevölkerung, die auf der Ringstraße ausharrte: "Meine deutschen Volksgenossen", brüllt er ins Mikrofon, "es ist eine große Wende, die unserem deutschen Volk zuteil wurde. Was wir hier erleben, erlebt das ganze deutsche Volk... Ich bin ergriffen und bewegt von dieser geschichtlichen Wende. Was immer auch kommen mag, das Deutsche Reich, so wie es heute steht, wird niemand mehr zerbrechen und niemand mehr zerreißen!"

Aufwand um Hitler

Der Aufwand, der um Hitler betrieben wurde, war gigantisch. Die Gestapo hatte noch vor seiner Ankunft die Daten aller Hotel-Mitarbeiter überprüft und "normale Gäste" ins Hotel Bristol übersiedelt, damit der "Führer" ungestört sein konnte. Und die rot-weiß-roten Fahnen auf einem Imperial-Bild von 1931 wurden mit Hakenkreuzen übermalt.Zu den Gästen, die Hitler im Imperial empfängt, zählt seine um sieben Jahre jüngere Schwester Paula. Diskretion ist angesagt, denn der "Führer" versteckt die Mitglieder seiner aus kleinen Verhältnissen stammenden Familie. Seit ihr Bruder Reichskanzler ist, wohnt Paula Hitler unter dem Namen Wolf in einer ärmlichen Dachkammer in Wien.Sie betritt zum ersten Mal in ihrem Leben ein Nobelhotel und ist eingeschüchtert ob des Hitler-Kults und der "Heil Hitler"-Rufe, die im Imperial an allen Ecken zu hören sind.Die Geschwister haben einander lange nicht gesehen. Die Atmosphäre ist herzlich, vonseiten der Schwester überschwänglich. Nach einer halbstündigen Plauderei verlässt sie das Imperial – mit einem Geldkuvert in der Tasche.Adolf und Paula Hitler haben nach diesem Treffen – obwohl sie dem Regime nahe stand – kaum noch Kontakt. Nach dem Krieg von der US-Besatzung kurz in Gewahrsam genommen, behauptete Frau Hitler, dass ihr Bruder "mit den Verbrechen der NS-Zeit nichts zu tun und von diesen auch nichts gewusst" habe. Sie stirbt 1960 mit 64 Jahren.

Ein Bunker für Hitler

Da Hitler das Imperial zum Hauptquartier auserkor – das er nur ein Mal besuchte – wurde ein unterirdischer Bunker gebaut, der ihm Schutz bieten sollte. Am Seiteneingang des Hotels wurde ein fünf Meter tiefer Schacht gegraben und als Luftschutzkeller ausgebaut. Hitler hat ihn nie betreten, dafür fanden während der alliierten Angriffe mehrere Philharmoniker, die vom nahen Musikverein herüber liefen, Unterschlupf.

Die Queen im Imperial

In der Besatzungszeit diente das Hotel als Sitz des sowjetischen Hochkommissars, ehe es 1958 zur Nobelherberge für Staatsgäste der Republik wurde. Der Aufsehen erregendste Besuch war wohl der von Queen Elizabeth im Mai 1969, weitere prominente Gäste waren Schah Reza Pahlevi, Spaniens König Juan Carlos, Weltstars wie Liz Taylor und Richard Burton, Yul Brynner und Sophia Loren.

Während Staatsoberhäupter im Imperial als Gäste der Republik verweilen, zahlen ganz normale Millionäre heute pro Nacht in der Fürstensuite bis zu 5000 Euro. Ohne Frühstück.

Das neue Buch von Georg Markus

Der KURIER bringt in einer Serie Auszüge aus dem eben erschienenen Buch von Georg Markus „Hinter verschlossenen Türen“, in dem er von „Menschen im Hotel“ erzählt, darunter: „Kronprinz Rudolfs verbotene Treffen im Grand Hotel“, „Caruso überlebt das große Erdbeben im Palace Hotel, San Francisco“, „Das Ende des Spions Oberst Redl im Hotel Klomser“, „Frank Sinatra, die Mafia und das Sands Hotel“, „Die Frau Sacher und ihr Hotel“, „Der Nixon-Krimi im Watergate Hotel“, „Oskar Werners einsamer Tod im Hotel“, „Das Hotel, in dem Kaiserin Sisi starb“, „Arthur Schnitzlers große Liebe im Kurhotel“, „John F. Kennedys geheime Treffen mit der Monroe“ u. v. a.

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