US-Polizisten erschießen weißen Antifa-Aktivisten
Die Kleinstadt Lacey im US-Bundesstaat Washington, Donnerstag 18.45 Uhr Ortszeit. Chad Smith, 29, sieht laut New York Times einen weißen Mann offenbar mit einer Waffe in der Hand. Dann fallen Schüsse, abgefeuert von Polizisten, die Michael Forest Reinoehl, 48, festnehmen wollten. Der Mann sinkt zu Boden. Er ist tot – und er war der mutmaßliche Schütze, der bei den Anti-Rassismus-Protesten in Portland im benachbarten Bundesstaat Oregon einen rechtsextremen Weißen erschossen hatte.
Auf seine Spur brachte der Antifa-Aktivist die Ermittler selbst: In einem Interview mit dem Portal Vice News auf YouTube gestand er mehr oder weniger die Tat: „Ich hatte keine Wahl. Ich hätte zwar zuschauen können, wie sie einen befreundeten Schwarzen töten, aber das wollte ich nicht machen.“
"Bin bereit zu kämpfen"
Der Vater eines Sohnes, 17, und einer Tochter , 11, war kompromissloser Anhänger der linken Antifa-Bewegung. „Ich bin bereit, für meine Brüder und Schwestern zu kämpfen“, postete er auf Instagram. Wenn es sein müsse, mit allen Mitteln: „Wir wollen keine Gewalt, aber wir rennen auch nicht vor ihr davon“, schrieb Reinoehl, der nach der Erschießung des Schwarzen George Floyd durch Polizeikräfte Ende Mai in Minneapolis wochenlang die Proteste in Portland unterstützt hat. Schon damals formulierte er: Das Ganze laufe auf Krieg hinaus, „es wird Tote geben“.
Darauf angelegt hat er es laut seinen Mitstreitern nicht, im Gegenteil. Er sei bei den Demonstrationen im Sicherheitsdienst tätig gewesen, um aufkeimende Konflikte zu kalmieren. Nach Angaben eines Mitorganisators der Aufmärsche hatte Reinoehl ein Deeskalationstraining durchlaufen. Randal McCorkle, der während der Proteste ein enger Freund des jetzt Erschossenen wurde, sagte zornig: „Jetzt erst recht, ich werde versuchen, in seine Fußstapfen zu treten.“
Weitere Radikalisierung
Die Radikalisierung der unversöhnlichen Lager scheint sich somit knapp zwei Monate vor der Präsidentschaftswahl weiter zu verschärfen. Staatschef Donald Trump, der die Tötung des Rechtsextremen scharf verurteilte, nicht aber die exzessive Polizeigewalt oder die Erschießung von zwei Demonstranten in Kenosha, Wisconsin, gießt zusätzlich Öl ins Feuer. Ein Einlenken ist offenbar für beide Seiten keine Option. „Momentan ist alles schlecht, und es kann nur schlechter werden“, postete Reinoehl Anfang Juni, „aber nur so kommt der radikale Wandel."
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