Tempo 130 für Klimaschutz: Debatte um Vorschlag

Tempo 130 für Klimaschutz: Debatte um Vorschlag
Weniger und Unfälle, sagen Befürworter, ihre Gegner sprechen von geringem Effekt.

Eines ist in Deutschland gewiss: Wird über Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobahnen diskutiert, schnellt der innere Tacho bei einigen sofort in die Höhe. Auch, wenn es nur um einen Vorschlag geht. Was ist passiert? Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Autobranche und Umweltverbänden arbeitet derzeit im Auftrag der Regierung an Vorschlägen, wie der Verkehrssektor zum Erreichen der deutschen Klimaschutz-Ziele beitragen kann. Deutschland will seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 senken und die Koalition ein Klimaschutzgesetz verabschieden.

Scheuer und der Menschenverstand

Vergangenen Freitag sickerten einige Vorschläge aus einem Entwurfpapier durch: Dieselsteuer, Quote auf E-Autos und ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf Autobahnen. Genau das brachte den Verkehrsminister in Rage. Laut Andreas Scheuer (CSU), der die Arbeitsgruppe mitinitiierte, seien die Überlegungen „gegen jeden Menschenverstand“.

Die Diskussion nahm Fahrt auf. Grünen-Politiker Cem Özdemir sprach von einem „Gebot der Vernunft“, FDP-Chef Christian Lindner von „Umerziehung“. Die Bild sprang Scheuer zur Seite, fragte im Namen der Autofahrer „Was haben wir euch getan?“ Seither geriet vieles durcheinander: Kommentare und Leitartikel drehten sich schnell um Verzicht, Veganer, Sicherheit und Statistiken. Zum Beispiel, ob ein Tempolimit 130 nicht nur weniger , sondern auch weniger Unfälle verursachen würde.

Das Umweltbundesamt berechnete auf Basis von Daten von 1996, dass ein strengeres Tempolimit von 120 km/h den -Ausstoß von Pkw auf Autobahnen um neun Prozent senke, drei Millionen Tonnen würde man so einsparen. Laut Statistischem Bundesamt war der Autoverkehr im vergangenen Jahr für die Emission von 115 Millionen Tonnen verantwortlich. (6,4 Prozent mehr als 2010). Tempolimit-Gegner wie der Autofahrerclub ADAC argumentieren nun, dass die Einsparung kaum ins Gewicht falle bezogen auf das gesamte CO₂-Problem Deutschlands.

Auch in puncto Unfallzahlen gehen die Meinungen auseinander. Michael Mertens von der Polizeigewerkschaft ist überzeugt: „Wenn jemand mit Tempo 180 unterwegs ist und vor ihm schert ein Fahrzeug mit Tempo 90 auf die Überholspur aus, geht das schnell schief“. Rasen sei eine der Hauptunfallursachen, so das Statistische Bundesamt: Bei mehr als einem Drittel der Autobahnunfälle 2017 sei mindestens ein Beteiligter schneller gefahren als erlaubt oder schneller, als es für Straße oder Wetter angemessen gewesen wäre. Beim ADAC verweist man auf Länder mit einer generellen Geschwindigkeitsbeschränkung wie Österreich, Belgien oder die USA. Sie würden bezüglich des Sicherheitsniveaus auf Autobahnen nicht besser abschneiden.

Und was sagt eigentlich die Bundesregierung dazu? Sprecher Steffen Seibert erklärte, man wolle „ein schlüssiges Gesamtkonzept und nicht eine Diskussion einzelner Maßnahmen“. Ein solches Konzept sollte Ende März präsentiert werden. Minister Scheuer sagte allerdings ein weiteres Treffen seiner Arbeitsgruppe ab. Wie er das Problem lösen will? Ungewiss. Die Debatte wird er vermutlich nicht so schnell los.

Kommentare