Sojus-Rakete mit Satelliten für weltweites Internet ins All gestartet
Die ersten sechs OneWeb-Satelliten für weltweites Internet sind an Bord einer Sojus-Rakete ins All gestartet. Die Rakete hob am späten Mittwochabend vom Weltraumbahnhof bei Kourou in Französisch-Guayana ab, wie der Betreiber Arianespace mitteilte.
Weltweites Internet
Das US-amerikanische Unternehmen OneWeb will in einigen Jahren die gesamte Welt mit kostengünstigem und schnellem Internet versorgen, hierfür sollen insgesamt Hunderte Satelliten in den Weltraum gebracht werden. "Mit dem Einsatz der OneWeb-Konstellation erfüllt Arianespace auch seine Mission: "Den Weltraum für ein besseres Leben auf der Erde nutzen"", erklärte Arianespace-Chef Stephane Israel laut Mitteilung. Der Erfolg des ersten Raketenstarts sei der Startschuss für 20 weitere Sojus-Starts mit OneWeb-Satelliten.
900 Satelliten
Es handelt sich um ein Gemeinschaftsprojekt zwischen dem Luftfahrt- und Rüstungskonzern Airbus und dem US-Telekommunikationsunternehmen OneWeb, hinter dem Internetpionier Greg Wyler steht. Airbus ist für die Entwicklung der Satelliten zuständig. Insgesamt sollen 900 Satelliten für das Projekt in den Weltraum gebracht werden.
Das ehrgeizige Ziel von OneWeb ist es, in allen Teilen der Erde erschwingliches und schnelles Netz zur Verfügung zu stellen - und so zum Beispiel auch Schulen an abgelegenen Orten mit Internet zu versorgen. Das Besondere an dem Projekt ist unter anderem, dass die Satelliten auf eine niedrige Erdumlaufbahn von 1.200 Kilometern gebracht werden sollen. Außerdem werden sie in Massenproduktion gefertigt - mehrere Satelliten täglich werden gebaut. Sie sollen am Ende sicherstellen, dass der Empfang nicht zeitweise ausfällt.
Nicht das erste Projekt
OneWeb ist nicht das einzige Unternehmen, dass an einem solchen Vorhaben arbeitet. Das US-Unternehmen Iridium hat bereits ein weltumspannendes Satellitenkommunikationssystem und bietet auch weltweit Internet an. Iridium Certus wird vor allem in der See- und Luftfahrt genutzt. Das Unternehmen verkauft nicht direkt an den Endverbraucher, sondern arbeitet mit verschiedenen Partnerfirmen, über die der Service bestellt werden kann.
Andere Projekte wie etwa Telesat-Leo vom kanadischen Konzern Telesat oder Starlink vom amerikanischen Raumfahrtunternehmen SpaceX von Tesla-Gründer Elon Musk sind aktuell in Arbeit. Einige Konzerne haben auch bereits wieder aufgegeben, so etwa Facebook mit seiner Internet-Drohne "Aquila".
Arianespace gehört zur ArianeGroup, die wiederum ein Gemeinschaftsunternehmen des Luftfahrtkonzerns Airbus und des französischen Triebwerkherstellers Safran ist.
Weltraumschrott als Gefahr
Aber die milliardenschweren Investitionen stehen vor einem schnell wachsenden Risiko - dem Zusammenstoß der Satelliten mit Weltraumschrott.
"Im Schnitt erhalten wir für unsere Satelliten mittlerweile 100 Warnungen vor sich nähernden Teilen pro Tag", sagte der Chefberater der Europäischen Weltraumbehörde ESA, Thomas Reiter, im Reuters-Interview. "Alle zwei Wochen steht mittlerweile ein Ausweichmanöver für einen Satelliten an. Das zeigt, wie dringend das Thema ist."
Nach Angaben der ESA rechnet man hier mittlerweile mit 900.000 Teilen mit einer Größe über ein Zentimeter - und 130 Millionen Teilchen größer als ein Millimeter. Prallen sie mit hoher Geschwindigkeit auf Satelliten, können demnach gravierende Schäden entstehen. "Die Bundesregierung nimmt das Thema Weltraumschrott und die davon ausgehenden Gefahren sehr ernst", bestätigt auch das deutsche Wirtschaftsministerium.
Europa muss aktiv werden
ESA-Chefberater Reiter mahnt, dass die Europäer auf zwei Ebenen aktiv werden müssten. "Zunächst muss Europa selbst analysieren können, was im Orbit passiert." Denn bisher beziehe die ESA alle Daten vom US-Militär. "Wir sind selbst gar nicht in der Lage, uns ein Bild zu machen." Die Abhängigkeit wird auch beim Bundesverband der Deutschen Industrie kritisiert, der eine "strategische Autonomie" der Europäer nicht nur beim Navigationssystem Galileo, sondern auch bei der Beobachtung von Weltraumschrott fordert.
Allerdings dürfe sich die Politik keine Illusionen machen, warnte Reiter. "Das wird mehrere Milliarden Euro kosten." Denn dazu müsse ein ganzes Radarsystem an verschiedenen Orten aufgestellt werden, das rund um die Uhr im Einsatz sei. Immerhin gebe es schon nationale Aktivitäten an Radaren in Deutschland, Frankreich und Spanien. Allerdings wäre die Analyse allein noch keine Lösung des Müllproblems im All.
Modellprojekt
Deshalb schlägt die ESA ein Modellprojekt vor, bei dem etwa größere ausgediente Satelliten in Richtung Erdatmosphäre gelenkt werden, wo sie dann verglühten. Die Kosten gibt Reiter mit je 200 Millionen Euro über drei Jahre an. Am Problem der wachsenden Zahl an Kleinstteilen im Orbit ändere dies allerdings nichts.
Auch deshalb fordert Reiter verstärkte internationale Abstimmungen. "So etwas wie Verkehrsregeln gibt es im Weltraum nicht - wir bräuchten aber dringend eine Verständigung über den Umgang mit Weltraummüll." Dass die Europäer das Problem nicht alleine lösen können, ist offensichtlich: Denn von den 114 Raketenstarts 2018 stammten nur acht von den Europäern. Amerikaner schossen dagegen 34, Russen 20 und Chinesen 39 Raketen in den Orbit.
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