Rosa oder blau: Gefährliche Baby-Partys in den USA

Eltern werden bei der Verkündung des Geschlechts ihres Ungeborenen immer extremer. Die Partys enden manchmal sogar tödlich.

Ein Flugzeugabsturz, eine Explosion, ein Buschfeuer - manchmal finden Feierlichkeiten ein dramatisches Ende. In den USA werden sogenannte Gender Reveal Partys immer beliebter, bei denen das Geschlecht des künftigen Nachwuchses mit den Farben Rosa oder Blau enthüllt wird. Die Frage, ob der Fokus auf das Geschlecht des Kindes überhaupt noch zeitgemäß ist, beschäftigt sie dabei offenbar nicht. Die Menschen wollen aus der festlichen Ankündigung ein möglichst spektakuläres Ereignis machen.

Das geht nicht immer gut aus.

So verunglückte im September in Texas ein Flugzeug, nachdem es in niedriger Höhe mehr als eine Tonne rosa gefärbtes Wasser abgeworfen hatte. Wie durch ein Wunder kam niemand ums Leben.

Einen Monat später starb in Iowa eine 56-Jährige, als sie durch einen selbst gebastelten Sprengsatz schwer verletzt wurde, dessen Rauch das Geschlecht des Kindes zeigen sollte.
Schon 2017 hatte ein Mann in Arizona mit einer ähnlichen Idee einen riesigen Buschbrand ausgelöst. Das Feuer verwüstete tausende Hektar Land, der Verursacher wurde zu einer Millionen-Entschädigungszahlung verdonnert.

Ursprünglich hatten die Enthüllungspartys deutlich kleiner angefangen: So wurde mit Freunden ein Kuchen angeschnitten, im Inneren erschien dann die Farbe Rosa für ein Mädchen oder Blau für einen Buben.

Doch mit dem Aufstieg der Online-Netzwerke seien die Feiern immer „extremer“ geworden, sagt Carly Gieseler, Professorin für Genderstudien an der City University of New York. Aus „intimen, kleinen Versammlungen“ sei ein „viel größeres Spektakel, eine viel größere Angelegenheit“ geworden - über Youtube und Instagram mit allen geteilt. Der Trend sei so stark, dass von werdenden Eltern inzwischen geradezu erwartet werde, eine solche Feier auszurichten, sagt die Forscherin.

Der Hype ist für einige ein großes Geschäft. Verkauft werden Baseball- oder Golfbälle, die beim Schlag in eine farbige Staubwolke zerstäuben, Ziele, auf die geschossen werden kann, Luftballons, Girlanden, Gebäck. „Es gibt einen riesigen Markt“, sagt Gieseler.

Der neue Brauch hat sich zu der Tradition der sogenannten Baby Showers gesellt, bei denen Schwangere mit Geschenken für ihr Kind überhäuft werden. Während bei diesen Festen Frauen häufig unter sich bleiben, können sich bei Gender Reveal Partys auch Männer austoben.

Doch nicht nur, weil die Aktionen manchmal aus dem Ruder laufen, gibt es Kritik an den Partys. Professorin Gieseler beklagt, mit dem unschuldig wirkenden Rosa-oder-Blau-Spiel würden Geschlechterstereotype zementiert. Ein noch nicht einmal geborenes Kind bekomme den Stempel Bub oder Mädchen aufgedrückt - „mit allen Geschlechterrollen und Annahmen, die damit einhergehen“.

"Egal, was zwischen den Beinen ist"

Selbst die Frau, die als Erfinderin der Gender Reveal Partys gilt, blickt inzwischen mit einigem Befremden auf ihre Schöpfung: Die Lifestyle-Bloggerin Jenna Karvunidis hatte 2008 während ihrer ersten Schwangerschaft über das Spielchen geschrieben - jetzt blickt sie mit „gemischten Gefühlen“ auf das Zeremoniell: „Es ist einfach verrückt geworden“, schreibt sie auf ihrer Facebook-Seite.
2008 sei noch nicht bekannt gewesen, was heutzutage allen klar sein müsse: „Bei der Geburt den Fokus auf das Geschlecht zu legen, klammert so viel vom Potenzial und den Talenten von Babys aus, die nichts mit dem zu tun haben, was zwischen ihren Beinen ist.“

Dazu veröffentlichte Karvunidis ein Foto ihrer Familie, auf dem ihre älteste Tochter einen hellblauen Anzug und kurzes Haar trägt. „Überraschende Wendung“, schrieb die Bloggerin. „Das erste Gender-Reveal-Party-Baby der Welt ist ein Mädchen, das Anzüge trägt.“

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