Opiat-Epidemie: Pharma-Dynastie will Konzern in Pleite schicken

Mäzenatentum durch Suchtmittel: Die Familie Sackler will ihr Pharma-Imperium in die Insolvenz treiben.

Die Sackler-Familie, Besitzerin des Pharmakonzerns Purdue, gehört zu den wichtigsten Kunstmäzenen unserer Zeit. Die Damen werden wie Königinnen hofiert, auch in Wien. Sackler stand einmal für internationale Philanthropie, doch wie lange noch, ist unklar. Denn die Mäzene haben „ein Weltreich des Schmerzes“ gebaut, analysierte der New Yorker. Jetzt wollen sie ihre Kläger abblitzen lassen und ihr Unternehmen in die Insolvenz treiben, schreibt das Wall Street Journal.

Im Sackler-Saal des Guggenheim-Museums in New York organisierte die Fotokünstlerin Nan Goldin ein „die-in“ (sterben). Sie verlangte, dass das Museum alle Geschenke der Familie zurückgibt, an die Opfer der größten Opioid-Katastrophe der USA.

Opiat-Epidemie: Pharma-Dynastie will Konzern in Pleite schicken

Performance im Sackler Courtyard im Victoria und Albert Museum  in  London.  Sackler ziert Guggenheim, Louvre, Yale, Harvard, Oxford und andere

Wirkstoff wie Heroin

Seit der Einführung des Schmerzmittels OxyContin 1995 wurden Millionen Amerikaner süchtig. Denn der Wirkstoff Oxycodon ist ein naher Verwandter von Heroin. Wie abhängig die Pillen machen, wurde lange Zeit unter den Teppich gekehrt. Ärzte verschrieben OxyContin gegen Knieschmerzen und schließlich auch wegen kleinster Unpässlichkeiten.

Wer keine gute Krankenversicherung hatte und sich das Medikament nicht mehr leisten konnte, stieg auf das billigere Heroin um.

Als das alles um 2017 bekannt wurde, bot Richard Sackler gleich das Gegengift zur Suchtentwöhnung an.

Und in London weihte Herzogin Kate den neuen Sackler Courtyard im Victoria und Albert Museum ein.

Doch da war es um den Ruf der Familie schon geschehen. Keine Zeitung, die das „Empire of Pain“ nicht unter die Lupe nahm. Die Sacklers kassieren pro Jahr laut Forbes 700 Millionen Dollar an Gewinnbeteiligungen. Zum alten Vermögen, das die Gründergeneration zum Beispiel mit Valium erwirtschaftete, kam das neue, das schnelle Geld.

Nationale Krise

Die verheerenden Folgen haben amerikanische Gesundheitsbehörden als „nationale Krise“ eingestuft. Erstmals sinkt in den USA die Lebenserwartung, weil so viele Mitglieder der weißen Arbeiterklasse von Schmerztabletten abhängig geworden sind. Die Entwöhnung kostet Unsummen.

Dem Pharma-Unternehmen Purdue wird in Klagen von US-Bundesstaaten und Städten vorgeworfen, die Gefahr der Abhängigkeit heruntergespielt und mit gefälschten Studien zur Verbreitung des Medikaments beigetragen zu haben. Purdues Marketingexperten sorgten dafür, dass Schmerzen nicht mehr in erster Linie als Symptom angesehen wurden, deren Ursache bekämpft werden muss, sondern dass der Schmerz selbst behandelt werden solle. Kein Sackler hat sich dazu geäußert. Mit der Insolvenz könnte die Familie billig davon kommen.

„Chapter 11“

Denn unter dem sogenannten „Chapter 11“ müsste ein Insolvenzrichter die Einigungen mit den Klägern aushandeln. An der Firmenzentrale am Rande von Stamford (Connecticut) ist weder der Name Purdue zu finden noch ein Hinweis auf die Besitzer des Familienunternehmens.

Die Sacklers wohnen in New York, in den Hamptons (Long Island), Utah, London, Paris und Gstaad.

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