Paviane im Zoo getötet und verfüttert: Warum die Empörung so groß ist

„Möchten Sie Ihr Pferd als Futtermittel spenden?“: Der dänische Tiergarten Aalborg ist offensiv, wenn es um Spenden geht. Auf der Homepage unter der Rubrik „Unterstützen Sie den Zoo“ und auch auf Instagram wird geworben: „Wusstest Du, dass Du kleinere Haustiere für den Aalborg Zoo spenden kannst?“ Hühner, Kaninchen und Meerschweinchen seien ein wichtiger Bestandteil der Nahrung „unserer Raubtiere“ – Pferde ebenfalls.
Das rief international heftige Reaktionen hervor – wohl auch wegen der Schlagzeilen, die der Zoo Nürnberg wenige Tage zuvor geliefert hatte. Dort waren zwölf Paviane aus Platzgründen getötet worden, zwei starben bereits während der Narkose, vier gingen an ein Museum – und sechs wurden an Löwen, Tiger, Mähnenwölfe und Buntmarder verfüttert.
Warum verfüttert? Weil Tierkörper mit Fell und Knochen gut für die Zähne der Raubtiere sind. „Dadurch muss unseren Tieren, im Gegensatz zu vielen Haustieren, nicht unter Vollnarkose Zahnstein entfernt werden“, erklärte Jörg Beckmann, Vizechef des Tiergartens Nürnberg. Alles wurde offen kommuniziert.
Anzeigen und Drohungen
Und trotzdem: Beckmann und Zoo-Direktor Dag Encke erhielten Morddrohungen. Bei der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth gingen bis Freitag 350 Anzeigen wegen der mutmaßlich illegalen Tötung der Tiere ein. Tierschützer protestierten.

Proteste nach der Pavian-Tötung
Die Wogen gingen hoch, anders als bei Nutztieren. „In diesem Bereich sind wir es gewöhnt, dass in einer unfassbaren Anzahl Tiere für unseren Bedarf getötet werden. Im Bereich der Zootiere ist aber die kulturelle Erfahrung mit der Tötung eigentlich nicht vorhanden“, sagt Matthias Herrgen, Anthropologe an der Hochschule Darmstadt in Deutschland. Bisher wurden die Tiere meist hinter verschlossenen Türen getötet.
"Scheinmoral"
Das Bild in der Öffentlichkeit ist zudem, dass Zoos sich um ihre Tiere kümmern. Und genau mit dem Tierwohl haben die Nürnberger Verantwortlichen auch argumentiert. Es gab zu viele Paviane, eine tierschutzkonforme Haltung war nicht möglich, und kein anderer Tiergarten wollte sie übernehmen. Man habe Transparenz hergestellt, sagt Herrgen. Ganz im Gegensatz zum Nutztierbereich. „Wer hat schon eine Schlachtung gesehen?“ Für Herrgen ist es ein überfälliger Schritt, dass die Menschen über diese Muster nachdenken. „Es ist“, sagt er. „nämlich eine Scheinmoral“. Auch was Halter ihren Katzen und Hunden manchmal antun, werde nicht thematisiert. Kein Freigang, verrauchte Wohnungen.
Aber zurück zu den Pavianen. Die Tötung und Verfütterung der Affen erregte besondere Aufmerksamkeit.
Eigentlich ein Kumpel
„Wir selber sind ja auch Primaten“, sagt Herrgen. „Und wenn wir uns einen Pavian anschauen, in seiner Gestik, in seiner Mimik, mit seinem Körperbau, dann sehen wir ihn in uns und er sieht uns vielleicht auch an“, erklärt er. „Und wir haben das Gefühl: Eigentlich ist das doch ein Kumpel.“
Der Nürnberger Zoodirektor rechnet laut Medien mit weiteren Tötungen. Auch bei Kronenmakis und Lemuren könnte es eng werden. „Wir haben selten etwas so bis zum Ende durchdacht, ich finde den Fehler in der Logik nicht – außer, die Menschen würden sich dazu entscheiden, dass sie Zoos in dieser Form gar nicht mehr wollen. Das wäre dann eben so“, sagt er.
Der dänische Zoo hat inzwischen seine Kommentarfunktion auf Instagram gesperrt. Man verstehe, dass der Spendenaufruf Gefühle weckt. Aber: „Hasserfüllte Rhetorik ist nicht notwendig.“
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