Notre-Dame: Macron ruft zu gemeinsamer Rettungsaktion auf
Die Urlauber lehnen sich am Ende der Rue d’Arcole an das Absperrgitter, recken die Hälse und halten ihre Smartphones in die Höhe, um die Kathedrale so gut wie möglich aufs Bild zubekommen.
Zweieinhalb Wochen nach dem Brand in Notre-Dame ist die Kathedrale von allen Seiten abgeschirmt. Die Brücken Pont des Coeurs und Pont Saint-Michel sind für Autofahrer gesperrt. Noch sind die Sicherungsmaßnahmen nicht ganz abgeschlossen.
Einer der wenigen, der am Freitag durch die Absperrung durfte, war Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP). Er kam anlässlich eines spontan einberufenen Ministertreffens nach Paris. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die Erhaltung des gefährdeten Kulturerbes auf die Tagesordnung gesetzt und dazu alle europäischen Kultur- und EU-Minister eingeladen.
Eine der diskutierten Maßnahmen: Die Ausweitung des Projekts „Time Machine“. Dabei werden 3D-Modelle von Kulturgütern erstellt, um nach Unglücken den Aufbau zu erleichtern.
„Irrsinniges Glück“
Vor dem Treffen machte sich Blümel ein Bild vor Ort. An der Absperrung empfängt ihn Patrick Chauvet, Domdekan der Kathedrale Notre-Dame de Paris. „C'est une catastrophe!“, sagt er. „Es ist eine Katastrophe, aber es ist ein irrsinniges Glück, dass nicht mehr passiert ist.“
Dann geht er, flankiert von Gernot Blümel, vorbei an Containern und Gesteinsbrocken zum Haupteingang. Beide nehmen einen Bauhelm und betreten die Kirche: Ein Absperrband verhindert das Weitergehen, am hinteren Ende des Kirchenschiffs türmt sich verkohltes Holz, Planen wurden als Dach gespannt.
„Unglaublich“, sagt Blümel. „Vom Inneren der Notre-Dame kann man den Himmel sehen. Das war das letzte Mal vor 850 Jahren möglich.“
Fünf oder 20 Jahre
Wie und in welchem Zeitrahmen die Kathedrale nun rekonstruiert wird, ist noch unklar. Während Macron das Wahrzeichen vor den Olympischen Spielen 2024 in Paris wieder errichtet haben möchte, glauben andere, dass die Arbeiten zwei Jahrzehnte dauern könnten. Debattiert wird auch, wie das neue Dach aussehen soll: Wird der „Pfeil“ (wie Franzosen den eingestürzten Turm nannten) nachgebaut oder kommt eine andere Konstruktion? Der Domdekan wünscht sich einen geschichtsträchtigen Aufbau.
Egal, wie die Pläne aussehen: Blümel wiederholte das Angebot von Bundeskanzler Sebastian Kurz: Erfahrungen, die man durch den Hofburg-Brand 1992 oder die Wiedererrichtung des Stephansdoms gewonnen hat, stelle man gerne zur Verfügung.
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