Mysteriöser Atom-Unfall in Russland: Immer mehr Fragen, kaum Antworten

Das Foto aus dem Jahr 2011 zeigt die Militärbasis von Nyonoska.
Wie gravierend war der Atomunfall am Weißen Meer wirklich - und woran arbeiten die Russen dort?

Fünf Menschen tot, Radioaktivität erhöht. So lautete am 10. August, kurz zusammengefasst, die offiziell kommunizierte Meldung vom "Atom-Unfall auf einer Militär-Basis am Weißen Meer". Die zurückhaltende Informationspolitik Russlands bei Zwischenfällen dieser Art ist bekannt. Nachdem heute sogar in Norwegen radioaktives Jod festgestellt wurde, stellt sich aber die immer drängendere Frage: Wie schwer war der Unfall wirklich? 

Inzwischen gilt als gesichert, dass über einen längeren Zeitraum radioaktive Strahlung freigesetzt wurde. Zunächst hatte es von Seiten Russlands noch geheißen, die Strahlungswerte seien unverändert. Zwar sei radioaktive Strahlung freigesetzt worden, jedoch nur kurzzeitig. Laut Greenpeace wurde direkt in der Nähe des Unglücksortes am Weißen Meer aber ein Wert von 2,0 Mikrosievert pro Stunde gemessen. Die Umweltschutzorganisation beruft sich dabei auf Informationen direkt aus der Stadt Sewerodwinsk in unmittelbarer Nachbarschaft zum Unglücksort. 

Der natürliche Wert würde bei 0,11 Mikrosievert liegen. Wobei auch 2,0 Mikrosievert per se noch nicht gravierend sind - nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) steigt das Krebsrisiko erst ab 50.000 Mikrosievert – es kommt aber auch darauf an, um welche Strahlung es sich handelt. Und dazu gibt es nach wie vor keine Angaben.

Neue Waffengattung?

Der staatliche Atomkonzern Rosatom räumte in den vergangenen Tagen lediglich ein, die verunglückten Beamten – inzwischen ist von sieben Todesopfern die Rede – seien damit beauftragt gewesen, neue Waffen zu testen und technische Unterstützung für die "isotopische Energiequelle" einer Rakete zu leisten. Die Explosion soll sich ereignet haben, als Treibstoff in Brand geriet. Wie gewaltig die Detonation gewesen ist, zeigen Aufnahmen, die im Internet kursieren. 

Das Unglück ereignete sich bereits vergangenen Donnerstag auf einer Plattform im Meer auf dem militärischen Testgelände bei Njonoksa. Die Stadt ist militärisches Sperrgebiet. In einer Werft werden vor Ort auch russische Atom-U-Boote gebaut. Die Frage, um welche "Geheimwaffe" es sich handeln könnte, die den Unfall verursacht hat, sorgte in den vergangenen Tagen für wilde Spekulationen. Rosatom bestätigte, dass in der Basis an "neuen Waffen" gearbeitetet werde. Einen konkreten Waffentyp wollte man allerdings nicht nennen.

Superdrohne "Skyfall"?

Experten gehen inzwischen davon aus, dass es sich um eine atomar betriebene Rakete vom Typ 9M730 Burewestnik – im Nato-Sprech auch „Skyfall“ genannt - gehandelt hat. Diese Rakete wurde im Februar diesen Jahres erstmals von Präsident Wladimir Putin vorgestellt. Geht es nach Putin, so ist sie "unbezwingbar" und für die gegnerische Luftabwehr "nicht aufzuspüren".

Die Cruise Missiles vom Typ 9M730 Burewestnik können nicht nur einen Atomsprengkopf tragen, sondern auch mittels Atomantrieb jeden Punkt der Erde weitgehend unentdeckt im Tiefflug ansteuern. Branchenexperten schätzen die Reichweite der Super-Cruise-Missile laut Welt.de auf deutlich über 20.000 Kilometer. Die Superdrohnen gehören zum Arsenal neuer russischer Waffen, die westliche Militärexperten von einer „neuen Bedrohungslage“ sprechen lassen. 

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