Missbrauchsfall: Täter sollen eigene Kinder getauscht haben

Symbolbild Polizeiabsperrung
Sechs mutmaßliche Täter wurden verhaftet - das jüngste Opfer ist erst ein Jahr alt.

Sechs Männer, die ihre eigenen Kinder oder Stiefkinder missbraucht haben - und diese mit den anderen Tätern getauscht haben: Im Missbrauchsfall in Bergisch-Gladbach kommen immer schrecklichere Details ans Licht. Es gebe „sehr deutliche Hinweise“ darauf, „dass sich mindestens zwei der beschuldigten Männer die eigenen Kinder gegenseitig zugeführt haben“, sagte der zuständige Kölner Oberstaatsanwalt jetzt dem Spiegel.

Ans Licht gekommen war der Fall vor zwei Wochen. Damals wurde ein 42-jähriger Familienvater aus Bergisch Gladbach festgenommen; der Mann soll sein Kind missbraucht haben, über Messenger-Dienste in Kontakt mit anderen Personen gestanden und kinderpornografische Bilder und Videos ausgetauscht haben. Mittlerweile haben die Ermittler fünf weitere Männer aus den Chats identifiziert.

Liebesbriefe in Kinderhandschrift

Alle sechs Männer sollen auch kinderpornografisches Material besessen haben. Bei Durchsuchungen in insgesamt neun Wohnungen seien mindestens zehn Terabyte an Daten sichergestellt worden.Auf dem Handy eines Festgenommenen habe man etwa Chat-Gruppen gefunden, in denen bis zu 1800 Mitglieder kinderpornografische Inhalte austauschten.

Die Opfer, die von ihren eigenen Vätern missbraucht worden sein sollen, seien zwischen einem und zehn Jahren alt. „Wie perfide die Taten im Einzelnen sind, zeigt sich daran, was wir sichergestellt haben“, sagte der Kölner Polizeipräsident Uwe Jacob - darunter seien Sexspielzeug, Fesselwerkzeug und Liebesbriefe in Kinderhandschrift.

Weitere Opfer befürchtet

Es sei zudem zu befürchten, dass es weitere Opfer und Täter gebe, sagte Jacob. Ein einzelner Ermittler würde 100 Tage brauchen, um allein die Unmengen von Fotos, Videos und Chats auf dem Handy des Hauptverdächtigen auszuwerten. Für Polizei-Seelsorger Dietrich Bredt-Dehnen ist das Ausmaß keine Überraschung. „Ich habe mich nicht gewundert“, sagte er der dpa. „Wir wissen aus vergangenen Ermittlungen, dass solche Verfahren sich wie eine Krake in weite Bereiche hineinziehen. Wir sehen immer nur die Spitze des Eisbergs.“ Bredt-Dehnen ist Leiter der evangelischen Seelsorge am Landeskriminalamt (LKA) NRW und betreut seit neun Jahren Beamte, die im Bereich Kinderpornografie ermitteln und mit schwerer sexualisierter Gewalt an Kindern konfrontiert sind.

Nicht nur im Darknet, sondern auch im frei zugänglichen Internet gebe es viele Foren, die auf den ersten Blick gar nichts mit Kinderpornografie zu tun hätten, sondern etwa harmlose Bilder von Kindern beim Turnen oder Schwimmwettbewerben zeigten. Mit entsprechenden Formulierungen verständige sich die Szene untereinander, erkennen sich und vernetze sich dann weiter. „Wir haben es mit einem massenhaften Problem zu tun, das alle Milieus unserer Gesellschaft betrifft“, sagte der Experte. „Und wir haben noch nicht genügend technische Möglichkeiten, das wirklich in den Griff zu bekommen.“

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