Mehr als ein Dutzend Verletzte: Die Slowaken leben in Angst vor Bären

The Wider Image: The special patrol protecting Spain's brown bears and wary villagers
Von Zusammenstößen betroffen waren zuletzt nicht nur Wald-, sondern auch Fußgänger im städtischen Wohngebiet.

Bei Zusammenstößen mit Braunbären sind in der Slowakei innerhalb weniger Wochen im März und April mehr als ein Dutzend Menschen zum Teil schwer verletzt worden.

Betroffen waren nicht nur Wanderer, Pilzsucher und Forstbedienstete im dichten Wald, sondern Mitte März auch fünf Fußgänger im städtischen Wohngebiet. Damals war ein Braunbär durch die Kleinstadt Liptovsky Mikulas gelaufen. Als Folge wurden die Rufe nach gezielten Abschüssen der grundsätzlich geschützten Tiere lauter.

Zu Frühlingsbeginn kommt es besonders häufig zu Zwischenfällen 

Jaroslav Slastan bestätigte, dass die Konflikte zwischen Bär und Mensch zugenommen haben. Slastan muss es wissen, denn er leitet eine der fünf Regionalgruppen des zur staatlichen Naturschutzorganisation SOPSR gehörenden "Einsatzteams Braunbär". Das Team wird alarmiert, wenn Gefahr durch Bären droht oder schon eine Verletzung von Menschen oder Haustieren geschehen ist. Vorwiegend sind Slastan und seine Kollegen zwar zur Vorbeugung und Aufklärung unterwegs. Aber wenn schon etwas passiert ist, untersuchen sie die Ursachen und koordinieren im Extremfall auch die Tötung von "Problembären".

Dass es um den Frühlingsbeginn besonders häufig zu Zwischenfällen kommt, erklärt Slastan damit, dass in dieser Zeit die Bärinnen ihre im Winter geborenen Jungen ausführen. Um sie zu schützen, können sie auch angreifen. Zusätzlich erhöht wird ihre Reizbarkeit durch das Phänomen des sogenannten Infantizids. Herumwandernde männliche Bären töten fremde Jungtiere, um sich dann selbst mit deren Mutter zu paaren und die eigenen Gene zu verbreiten. Bärinnen suchen gelegentlich mit ihren Jungen die Nähe menschlicher Behausungen, weil sie hoffen, dass die Männchen diesen fernbleiben. Das erhöht aber das Risiko überraschender Begegnungen mit Menschen.

Das Phänomen der "Containerbären" wurde reduziert

Das Vordringen von Bären in bewohntes Gebiet hat aber auch mit lokalen Überpopulationen und damit zusammenhängender Verdrängung zu tun, sagt Slastan. Deshalb hält auch er gezielte Reduktionen in solchen Gebieten für unausweichlich. Das Phänomen der "Containerbären", die in Wohngebieten Mülleimer plündern, wurde in der Slowakei durch Präventivmaßnahmen reduziert. Verlockend bleibt für die Allesfresser jedoch weiterhin das Nahrungsangebot von Obstgärten oder kleinen Nutztieren wie Kaninchen oder Hühnern. 

Slastans Einsatzteam beobachtete zudem Fälle, in denen sich Forstbedienstete ein illegales Nebeneinkommen beschafften, indem sie absichtlich Nahrung in der Nähe menschlicher Siedlungen auslegten, um Bären als Attraktion für Fototouristen anzulocken.

Tipp: Nicht davonlaufen, sondern sich langsam entfernen

Die häufigsten Verletzungen von Menschen geschehen aber dann, wenn diese unvorsichtig in das natürliche Umfeld der Bären vordringen. Der staatliche Naturschutz hat deshalb 2023 einen Aufklärungsfilm mit dem Titel "Wie man sich im Wald verhalten soll" online gestellt. Die wichtigsten Regeln klingen nach Slastan einfach: Dicht bewachsenes Gelände abseits markierter Wege meiden, durch hörbares Sprechen, Singen oder andere Geräusche auf sich aufmerksam machen und damit den Bären rechtzeitiges Ausweichen ermöglichen. Bei Regen oder Dunkelheit ist damit zu rechnen, dass Bären uns weniger leicht wahrnehmen.

Sollte man trotz solcher Vermeidungsstrategien auf einen Bären stoßen, rät Slastan, nicht davonzulaufen, sondern sich langsam zu entfernen. Lautes Schreien oder Gegenstände nach den Tieren zu werfen, reize sie eher als sie zu verscheuchen. Dass sich Bären durch das Zuwerfen von Futter "ablenken" lassen, ist nach Slastan ein Irrglaube: "Das Tier greift uns ja nicht aus Hunger an, sondern weil es sich bedroht fühlt."

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