Mallorca trotz Corona-Pandemie: Urlauber wehren sich gegen Kritik

Mallorca trotz Corona-Pandemie: Urlauber wehren sich gegen Kritik
Die deutsche Bundesregierung hat Mallorca von der Liste der Corona-Risikogebiete gestrichen. Bis nach Ostern werden hunderte Flugverbindungen erwartet.

Der deutsche Familienvater in Palma de Mallorca, kariertes Hemd, leicht ergraut, verdreht entnervt die Augen. Schon wieder ein Journalist, der wissen will, ob er nicht ein schlechtes Gewissen habe, wo doch in Deutschland so dringend von dem Osterurlaub auf Malle abgeraten werde. Er schüttelt kurz den Kopf, dann geht er wortlos weiter.

Eigentlich könnte der Urlaub für die Deutschen hier ganz entspannt sein: Sie haben die Insel fast für sich allein, denn aus anderen Ländern ist kaum jemand da. Vor allem nicht die Briten, die nicht nach Mallorca reisen dürfen. Aber fliegende Händler, die sonst den Touristen mit bunten Decken, Sonnenbrillen und Armbändern auf die Pelle rücken, sind von Journalisten mit Mikrofon und Kamera abgelöst worden.

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Tausende Urlauber seit dem Wochenende 

Zum Beginn der Osterferien sind am Wochenende trotz Corona und aller Appelle zum Reiseverzicht Tausende Urlauber nach Mallorca geflogen. Am Samstag kamen 60 Flugzeuge aus Deutschland in der Inselhauptstadt Palma an, weitere 70 wurden nach Angaben des Flughafens am Sonntag erwartet.

Alleine Eurowings flog die Insel am Samstag und Sonntag nach eigenen Angaben 44 Mal von neun deutschen Flughäfen an. Das sind fast vier Mal so viele Flüge wie am Wochenende zuvor mit nur zwölf. Genaue Passagierzahlen nannte die Fluggesellschaft nicht. Alle Flüge seien aber "recht gut gebucht" gewesen, teilte ein Sprecher des Unternehmens der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mit. Das Flugangebot liege aber im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit immer noch bei weniger als 40 Prozent.

Tui brachte knapp 2.000 Pauschalurlauber mit 15 Maschinen von fünf deutschen Flughäfen auf die Insel. Die Flüge seien nicht ausgebucht gewesen und "auf dem gleichen Niveau wie vergangenes Wochenende", sagte ein Sprecher der dpa.

Mallorca trotz Corona-Pandemie: Urlauber wehren sich gegen Kritik

Keine Fotos auf Instagram

Manche der Deutschen sind auch gesprächig, wollen die Insel und damit auch ein bisschen ihre eigene Reiseentscheidung verteidigen. Ein junges Paar aus Frankfurt erzählt, dass sie zuhause aus Angst vor dem Ärger lieber niemandem auf die Nase gebunden haben, wo es über Ostern hingeht. "Dabei strengen sich hier alle an, um die Maßnahmen einzuhalten", sagen die beiden. Schnappschüsse wollen sie dieses Jahr aber auf keinen Fall bei Instagram hochladen.

Auch Abdul Nasser aus Baden-Württemberg rechtfertigt seine Reise mitten in der Corona-Pandemie. "Seit anderthalb Jahren war ich nicht unterwegs. Das fühlt sich an wie im Gefängnis", erzählt er. Ein bisschen Bammel vor einer Ansteckung habe er schon. "Aber in Deutschland ist das nicht anders." Die Corona-Zahlen der Balearen sind im Vergleich zu Deutschland derzeit tatsächlich relativ niedrig. Die Inzidenz liegt bei 28, in Deutschland steigt sie stetig, zuletzt auf fast 130.

Innenräume sind geschlossen 

Da Baden bei einer Wassertemperatur von 14 Grad nur etwas für Hartgesottene ist, nutzen viele Deutsche den Urlaub für einen Einkaufsbummel in den Shoppingzentren oder schlendern durch Palmas Altstadt. Zwar sind die Innenräume der Cafés und Restaurants geschlossen, aber unter tiefblauem Himmel und in der Sonne schon sommerlichen Temperaturen lässt es sich bei Bier und Kaffee auch gut auf den Terrassen der Gaststätten aushalten. Zwar ist ab 17.00 Uhr Sperrstunde, aber im Hotel kann man sich noch bis 22.00 Uhr im Restaurant amüsieren.

Mallorca trotz Corona-Pandemie: Urlauber wehren sich gegen Kritik

Eine andere Verteidigungslinie für den Mallorca-Urlaub lautet, dass man ja eigentlich lieber ganz woanders wäre, auf Norderney oder an der Ostsee oder beim Skifahren etwa. "Das dürfen wir aber nicht. Da blieb nur noch Mallorca übrig", meinte ein Ehepaar bei der Ankunft am Flughafen Son Sant Joan. Mallorca als Plan B sozusagen.

"Ich stehe zu meiner Entscheidung", sagt Otto aus Düsseldorf, der mit Frau und Sohn angereist ist. "Die Bundesregierung ist derzeit so inkonsequent. Wenn sie die Reisewarnung aufheben, dann müssen die Politiker damit rechnen, dass die Leute in den Urlaub fahren." Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach solle erstmal Beweise vorlegen, wenn er den örtlichen Gesundheitsbehörden Trickserei bei den Corona-Zahlen vorwerfe. "Daher habe ich auch keine Angst vor einer Ansteckung", bekräftigt Otto.

Kein Risikogebiet mehr 

Die deutsche Bundesregierung hatte Mallorca und die anderen Balearen-Inseln am 14. März von der Liste der Corona-Risikogebiete gestrichen, nachdem die Zahl Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen unter den Grenzwert 50 gesunken war. Derzeit liegt die sogenannte Inzidenz nach der aktuellsten Berechnung des spanischen Gesundheitsministeriums bei 28,71.

Mit der Streichung von der Risikoliste entfielen für Mallorca-Urlauber Quarantäne und Testpflicht bei Rückkehr, was zu einem Buchungsboom für die Osterferien führte. Ab Dienstag muss allerdings jeder aus dem Ausland einreisende Flugpassagiere einen negativen Corona-Test vorweisen. Eine entsprechende Verordnung tritt dann in Kraft.

Die deutsche Bundesregierung rät von Reisen im In- und ins Ausland grundsätzlich ab, weil sie Mobilität für einen wesentlichen Treiber der Pandemie hält. Am Wochenende begannen in den meisten Bundesländern die Osterferien. Der spanische Flughafenbetreiber Aena erwartet nach einem Bericht der "Mallorca Zeitung" vom 26. März bis zum 5. April (Ostermontag) insgesamt 532 Flugverbindungen von und nach Deutschland für den Flughafen Mallorca. Das seien 51 Prozent weniger, als zu den Osterferien des letzten Vor-Pandemie-Jahres 2019.

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