Geleaste E-Autos für alle? Spanien plant die Transport-Revolution

Mit 68 Einwohnern ist Acebeda das leerste Dorf der spanischen Hauptstadtregion. Auf dem Weg dorthin kommt man an einer Landstraße vorbei, die plötzlich einfach aufhört. Im Umland befindet sich steiles Gebirge. Will man von hier aus ins 90 Kilometer entfernte Madrid fahren, braucht man mit dem Auto eine Stunde, mit dem Bus zwei bis vier.

90 Prozent der spanischen Bevölkerung leben auf nicht einmal einem Drittel des Landes: in den Großstädten, an den Küsten und auf den Inseln. Der Rest des Landes ist drauf und dran, auszusterben. Entweder wortwörtlich, durch eine alternde Bevölkerung, oder durch Abwanderung aufgrund fehlender Infrastruktur. In den Großstädten fehlt der Wohnraum, am Land die Anbindung.
"Transportarmut"
Laut einer Studie der europäischen Nichtregierungsorganisation Transport&Environment (T&E) kann die spanische Landbevölkerung ihren Alltag ohne Auto kaum bestreiten. Die größten Verlierer sind im sogenannten „leeren Spanien“ die Geringverdiener. Oft fahren sie alte Wägen, die teuer betankt werden müssen. Ihre Situation wird auf EU-Ebene „Transportarmut“ genannt.
Um dieser entgegenzuwirken, will die Kommission eine Empfehlung vorlegen, „in der sie die Mitgliedstaaten ermutigt, […] Sozial-Leasing-Modelle für emissionsfreie Neu- und Gebrauchtfahrzeuge einzuführen, die sich an sozial schwache Verkehrsteilnehmer richten.“
Frankreich hat bereits einen Versuch hinter sich, an den T&E sein Konzept für Spanien anlehnt. Monatlich soll das geleaste Elektrofahrzeug 90 Euro kosten, 70.000 davon sollen pro Jahr vergeben werden – auch an kleine Unternehmen.
Finanziert werden soll die Initiative aus dem Klimasozialfonds, der EU-weit 65 Milliarden Euro umfasst. Für Spanien rechnet T&E mit zirka neun Milliarden und hofft, dass das zuständige Ministerium die Idee in seine Pläne für den Fonds aufnimmt.
Auch die Infrastruktur muss ausgebaut werden
In Acebenda steht José Espinosa steht vor einem Geländewagen, der vor einem grauen Steinhäuschen geparkt ist. Er hält nichts von Elektroautos: „Wie soll ich damit den Berg hochkommen und wo soll ich es aufladen?“

José Espinosa Tomé vor seinem Geländewagen in Acebenda
Die benötigte Infrastruktur ist der Punkt, der Social Leasing für die Automobilindustrie attraktiv macht. „Natürlich kommt man mit einem E-Auto in die Sierra von Madrid. Die Leute müssen mit E-Mobilität erst vertraut gemacht werden", sagt Ignacio Rodríguez-Solano, Direktor für institutionelle Beziehungen der Renault-Gruppe in Spanien.
"Neuwägen sind für viele zu teuer, aber ein Leasingsystem ermöglicht es auch Einkommensschwachen, ein E-Auto zu fahren", erklärt er weiter. "Und am Land gibt es viele Einfamilienhäuser, wo man gut Ladesäulen einbauen kann."
Spanien ist der zweitgrößte Automobilhersteller in Europa. Ziel der EU-Kommission ist es auch, diesen Sektor zu stärken und ihm bei der grünen Transition zu helfen.
Im leeren Spanien beobachtet man die Entwicklung genau. Ángel Ceña vertritt die besonders betroffene Provinz Soria im Landtag von Kastilien und León: „Social Leasing kann ein Teil der Lösung sein. Daneben brauchen wir trotzdem ein funktionierendes öffentliches Verkehrsnetz.“ Die vielen älteren Leute, die nicht mehr Autofahren können, müssten schließlich auch zum Arzt kommen.
Kommentare