"Kriegstourismus": Wenn Menschen im Urlaub die Gefahr suchen
3000 Euro für zehn Tage Syrien - Nervenkitzel inklusive. So lautet das Angebot des Pariser Reiseveranstalter Clio, das derzeit für Diskussionen sorgt. Immerhin tobt in Syrien seit 2011 ein Bürgerkrieg mit Hunderttausenden Toten.
„Sei der Erste, der wieder in die Jahrtausende alte Geschichte eintaucht“, wirbt Clio für seine umstrittenen Touren. Die Nachfrage sei groß, sagte Vizechef Respaut jüngst der AFP. Der erste Reisetermin im April sei mit 20 Teilnehmern ausgebucht, weitere Termine gebe es ab Herbst.
Auf dem Programm stehen neben Damaskus die frühere Rebellenhochburg Hama, eine Burg aus der Kreuzritter-Zeit und die antike Oasenstadt Palmyra. Diese war von 2015 bis 2017 in der Hand des „Islamischen Staats“, der zahlreiche historische Bauwerke sprengte.
Clio ist nicht die einzige Agentur, die Trips in gefährliche Gegenden verkauft. Ein weiteres Beispiel ist Hinterland Travel, das u. a. den Irak, Afghanistan und Pakistan im Angebot hat.
In der bosnischen Hauptstadt Sarajewo, wo sich Führungen zu den Kriegsschauplätzen von 1992 bis 1995 großer Beliebtheit erfreuen, gibt es ein „Warhostel“. Dort können Gäste in einem Bunkerraum übernachten, schlechte Luft und Bombengeräusche inklusive.
Das "War Hostel" in Sarajewo
Neben diesem Kriegstourismus gibt es „Disaster Tourism“ (zu Schauplätzen von Naturkatastrophen) und „Dark Tourism“. Hier werden Orte besucht, die mit Zerstörung und Tod verbunden sind, wie Tschernobyl, die demilitarisierte Zone zwischen Nord- und Südkorea, die Ex-Drogenhochburg Medellin in Kolumbien sowie KZ-Gedenkstätten.
„Die düsteren Aspekte der Geschichte und Menschheit sind einfach interessant“, sagt Sprachwissenschafter Peter Hohenhaus, der auf seiner Website „dunkle“ Reiseziele auflistet. Auch Netflix beschäftigte sich mit dem Thema: 2018 entstand die Doku-Serie „Dark Tourist“.
Trailer zu "Dark Tourist"
Auch wenn im Fall Syriens der IS weitgehend besiegt ist - gerade für westliche Touristen bestehen dennoch viele Risiken in Kriegsgebieten, allen voran Entführung und Raubmord. Internationalen Reisewarnungen zum Trotz versichert Clio, dass in Syrien keine Gefahr drohe. Riskante Orte wie Aleppo würden gemieden, der Konvoi der Reisenden werde teils von der Polizei begleitet.
Die Regierung in Paris will Clio für jeglichen Zwischenfall zur Verantwortung ziehen. Und sie warnt französische Touristen: Angesichts der Terrorgefahr, die nicht zuletzt von Syrien ausginge, könnte die Polizei sie über ihre Reisemotive befragen.
Kommentare