Kindsmord: Prozess gegen erste deutsche IS-Heimkehrerin begonnen

(Symbolbild)
Jennifer W. soll ein kleines Mädchen verdursten lassen haben, weil es ins Bett gemacht hatte. Das Kind wurde von ihr und ihrem Mann als Sklavin gehalten.

Vor dem Oberlandesgericht München hat am Dienstag der Prozess gegen eine IS-Rückkehrerin begonnen. Jennifer W. ist die erste Rückkehrerin, gegen die nach ihrer Heimkehr nach Deutschland ein Haftbefehl erwirkt werden konnte. Die aus Niedersachsen stammende Angeklagte muss sich wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen Terrorvereinigung und des Kriegsverbrechens einer Kindstötung verantworten.

Ließ Kind qualvoll verdursten

Laut Anklage ließ sie ein fünfjähriges Mädchen verdursten, das sie mit ihrem Mann als Sklavin gekauft hatte. Weil das fünf Jahre alte Kind ins Bett gemacht hatte, soll der Mann es zur Strafe in sengender Sonne, bei 45 Grad Hitze, angekettet haben. Es verdurstete qualvoll. Der Vorwurf gegen die Angeklagte: Mord durch Unterlassen.

Prozess unterbrochen

Nach der Verlesung der Anklage wurde der Prozess bis zum 29. April unterbrochen. Hintergrund ist nach Angaben der obersten deutschen Anklagebehörde, dass die Mutter des Mädchens ausfindig gemacht wurde und als Zeugin zur Verfügung steht. Sie ist als Nebenklägerin zu dem Verfahren zugelassen und wird unter anderem von der bekannten Menschenrechtsanwältin Amal Clooney vertreten. Sie kam allerdings nicht zum Prozessauftakt.

W. soll Deutschland 2014 verlassen haben, um sich im Irak der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) anzuschließen. Sie wurde 2016 in der Türkei festgenommen, wo sie in der deutschen Botschaft ihre Ausweispapiere verlängern lassen wollte.

Nach Deutschland abgeschoben

Die Türkei schob sie nach Deutschland ab. Die zuletzt im niedersächsischen Vechta lebende 27-Jährige konnte erst im Juni 2018 aufgrund nach und nach gesammelter Beweise festgenommen werden.

Nach Angaben der Organisation Yazda, die sich für die Interessen der religiösen Minderheit der Yeziden einsetzt, ist es die weltweit erste Anklage wegen internationaler Straftaten, die von IS-Mitgliedern gegen Yeziden begangen wurden. Die Vereinten Nationen prüfen derzeit, ob die Massaker an den Jesiden einen Völkermord darstellen.

In einer zum Prozessauftakt veröffentlichten Erklärung bewertete Friedensnobelpreisträgerin Nadia Murad, selbst Überlebende von Versklavung und Folter durch IS-Mitglieder, den Prozess "als wichtiges Verfahren für alle jesidischen Überlebenden." Jeder Überlebende, mit dem sie gesprochen habe, warte darauf, dass die Täter für ihre Taten gegen die Jesiden, insbesondere gegen Frauen und Kinder, verfolgt und vor Gericht gestellt würden. "Deshalb dies ein großer Moment für mich und die gesamte jesidische Gemeinschaft", erklärte Murad.

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