Johnny Depp-Prozess - Die Schlammschlacht geht weiter
Es ist die Obduktion einer Beziehungsleiche, bei der man sich abwechselnd angewidert wegdreht, fremdschämt und gebannt hinschaut.
Im millionenschweren Verleumdungsprozess zwischen den Hollywood-Stars Johnny Depp und seiner Ex-Frau Amber Heard, seit Mitte April täglich live über den Gerichtssender Court TV zu sehen, ist der Rosenkrieg zu einer offenen Feldschlacht ausgeufert.
Nach dem Er-sagt-Kapitel (Fazit: Ich bin das Opfer, sie will mich ruinieren), hat nun die 36-Jährige mit einem Hardcore-Kontrastprogramm begonnen. Danach ist Depp das, was eine britische Postille gerichtlich abgesichert über den 58-jährigen Star aus Kassenschlagern wie „Fluch der Karibik“ behaupten darf: ein unter Drogen- und Alkoholeinfluss habitueller „Frauenschläger“.
Im Fahrwasser von #MeToo
In dem Zivilverfahren geht es ursprünglich um einen vier Jahre alten Artikel Heards in der Washington Post. Darin schreibt sie im Fahrwasser der #MeToo-Bewegung, ohne Depps Namen zu erwähnen, über ihre Erfahrungen mit häuslicher Gewalt.
Depp fühlte sich verleumdet, klagte auf 50 Millionen $. Heard konterte mit einer 100 Millionen Dollar-Klage. Sie will nicht als Lügnerin dastehen. Anwälte, die täglich die bis zu achtstündigen Sitzungen im Bezirksgericht von Fairfax vor den Toren von Washington DC verfolgen, sehen bereits heute einen Ausgang wie das Hornberger Schießen: „Niemand kriegt hier Geld, wenn die Jury Depp wie Heard gleichermaßen für glaubwürdig hält.“
Eine ultratoxische Hassliebe
Zum Auftakt ihrer bis in die nächste Woche gehenden Vernehmung blätterte Heard schauspielreif durch die Chronik einer ultratoxischen Hassliebe. Als der Himmel noch voller Geigen hing, Herbst 2011, habe man Vorlieben für Gedichte, Musik und das Malen geteilt. „Ich fühlte mich wie die schönste Frau der Welt.“ Bis es kippte. Beleidigungen. Flüche. Eifersüchteleien. Gewalt gegen Sachen. „Johnny liebt es, Sachen kaputt zu schlagen.“
Ihre erste physische Gewalterfahrung – die Depp unter Eid rundum bestreitet („Ich habe noch nie eine Frau geschlagen“) – sei so zustande gekommen: Das Paar sitzt 2013 gemeinsam auf der Couch. Alkohol und Kokain sind im Spiel. Viel Kokain. Heard fällt ein merkwürdiges Tattoo auf dem Arm ihres Angebeteten auf. Sie fragt. Er sagt, es bedeutet „Wino“. Erklärt aber nicht, dass es ursprünglich „Winona“ hieß - nach seiner Ex, der Schauspielerin Winona Ryder. Heard lacht. Er schlägt ihr ins Gesicht und ätzt: „Du denkst, Du bist eine lustige Schlampe?!“. Dann setzt es zwei weitere Hiebe. „Das hat mein Leben verändert“, sagt Heard, „ich wusste, dass ich ihn verlassen muss.“
Warum sie blieb?
Video: Amber Heard vor Gericht
Auf Knien sei Depp angekrochen und habe geschworen, es nie wieder zu tun und seine Dämonen (Alkohol und Drogen) zu besiegen. „Ich wollte daran glauben, dass er es wirklich will. Ich wollte, dass er wieder der liebevolle, großzügige, wunderbare Mann wird, den ich kannte“.
„Meine Lippen wurden in die Zähne gedrückt.“
Heard beschreibt das bis zur Scheidung 2017 dauernde Zusammensein als Achterbahnfahrt mit wenigen großglücklichen Perioden und immer mehr alkohol- wie drogengeschwängerten Exzessen, in deren Verlauf die Fäuste flogen. Zitat: „Meine Lippen wurden in die Zähne gedrückt.“
Amber Heard präsentiert sich im Prozess als emotional Schwerversehrte. Oftmals kurz davor, weint sie jedoch keine Träne. Depp-Fans halten sie in sozialen Medien auch darum für eine abgefeimte Lügnerin. Die Schlammschlacht, sie geht weiter.
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