Flugzeugkollision in Japan: Warum sich alle JAL-Passagiere retten konnten

Flugzeugkollision in Japan: Warum sich alle JAL-Passagiere retten konnten
Nach Zusammenstoß in Tokio: Alle 379 Personen an Bord des JAL-Fluges überlebten. Wie war das möglich?

Eine Linienmaschine der Fluggesellschaft Japan Airlines (JAL) vom Typ Airbus A350 ist am Dienstag bei der Landung mit einer Maschine der japanischen Küstenwache auf dem Tokioter Flughafen Haneda zusammengestoßen. Beide Maschinen sind in Flammen aufgegangen und brannten vollständig aus.  Die Wracks der beiden Flugzeuge waren auch am Donnerstag noch immer auf einer der vier Start- und Landebahnen von Haneda zu sehen.

Während für fünf Menschen an Bord des Flugzeugs der Küstenwache jede Hilfe zu spät kam (nur der Pilot konnte sich retten), überlebten alle 379 Personen an Bord des JAL-Passagierflugzeugs. Luftfahrtexperten sprechen von einem „Wunder“ und einer „Bilderbuch-Evakuierung“. Aber wie kam dieses Wunder zustande? Welche Faktoren führten zum verhältnismäßig glimpflichen Ausgang des Unglücks? 

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Evakuierung: 18 Minuten statt 90 Sekunden

Die Sicherheitsauflagen, denen Airlines und Flugzeugbauer unterliegen, sind äußerst streng: Die Maschinen müssen so gebaut werden, dass Passagiere das Flugzeug binnen 90 Sekunden verlassen können, um eine möglichst sichere Evakuierung gewährleisten zu können. Zwischen dem Aufsetzen des Airbus A350 von JAL auf der Piste von Tokio-Haneda um 17:47 Uhr und dem Verlassen des Flugzeugs durch die letzte Person um 18:05 Uhr vergingen allerdings 18 Minuten. 

Diese 18 Minuten beinhalten jedoch sowohl die Zeit des Ausrollens bis zur Kollision sowie die Zeit zwischen Kollision und Stillstand des Flugzeugs. Der tatsächliche Evakuierungsvorgang ging dann unfassbar diszipliniert und dementsprechend schnell vonstatten. 

Widrige Umstände

Nach dem Zusammenstoß war die Passagier-Maschine wegen eines weggebrochenen Bugrads nach vorne gekippt. Durch brennendes Kerosin auf der Außenhaut des Rumpfes füllte sich die Kabine zudem mit Rauch, die Temperatur stieg. „Es war wie in der Sauna“, berichtete ein Passagier. Die Sprechanlage funktionierte nicht mehr. Die Stewardessen forderten die Passagiere über Megafone und durch laute Rufe auf, ruhig zu bleiben und Mund und Nase zu bedecken.

Vorbildliche Crew

Japan Airlines sind in der Branche für das akribische Sicherheitstraining ihrer Flugzeugbesatzungen bekannt. Seit einem verheerenden Crash 1985, bei dem 520 Personen starben, setzt das Unternehmen besonders auf eine intensive Ausbildung seiner Mitarbeiter. Neue Crewmitglieder von JAL üben die Evakuierung bis zu drei Wochen lang, das Training wird jährlich wiederholt. 

„Ich denke, dass die Kultur innerhalb von JAL einen enormen Unterschied zum Ausgang dieses tragischen Ereignisses gemacht hat“, erklärt Graham Braithwaite, Experte für Flugsicherheit an der Cranfield University in Großbritannien. 

„Bezeichnend für die japanische Mentalität“

Neben dem Verhalten der Besatzung, lag es aber vor allem an den Passagieren selbst, dass sich so viele Menschen aus dem Flugzeug retten konnten. Videoaufnahmen aus der Kabine zeigen, dass sie den Anweisungen der Crew Folge leisteten und sich auf ihren Plätzen nach vorne duckten. 

Weil sich die Flammen zu diesem Zeitpunkt bereits bis zum Heck und zur Mitte des Flugzeugs ausgebreitet hatten, konnten die Notausgänge dort nicht geöffnet werden. Daher mussten alle Passagiere erst ganz nach vorne bis zum Cockpit gehen, um sich dann über Notrutschen in Sicherheit zu bringen. 

Die Videos zeigen außerdem, dass die Passagiere ihr Handgepäck zurückließen, um unter Leitung des Flugpersonals die Maschine so schnell wie möglich zu verlassen. Wenig später erfassten die Flammen das Vorderteil der JAL-Maschine. Durch das disziplinierte Verhalten der Fluggäste konnte also weit Schlimmeres verhindert werden. „Obwohl ich Schreie hörte, waren die meisten Leute ruhig und standen nicht auf, sondern blieben sitzen und warteten", schilderte Passagierin Aruto Iwama. Das Handeln der Passagiere sei „sicherlich auch bezeichnend für die japanische Mentalität“, sagte  etwa Nikolaus Moehren, Kabinenchef bei der Lufthansa, gegenüber der FAZ.

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