Gute Werbung, schlechter Stil: Untergriffe kosten Prinz Harry Sympathien
Mit Verbalattacken gegen das britische Königshaus macht der abtrünnige Royal Furore – und bewirbt seine am Dienstag erscheinende Autobiografie. Viele Briten sind darüber "not amused".
Die Queen ist tot – lang lebe der König! Oder lacht vielleicht doch der abtrünnige Prinz, der mit seiner Familie abrechnet, zuletzt?
Die britische Monarchie kommt nicht zur Ruhe. Vier Monate nach dem Tod von Queen Elizabeth II und vier Monate vor der Krönung von King Charles III, 74, sorgt dessen jüngerer Sohn Prinz Harry mit Rundumschlägen und deftiger Kritik für Schlagzeilen.
Nach einer viel diskutierten Doku-Serie auf Netflix vor Weihnachten erscheinen am Dienstag die brisanten Memoiren des 38-Jährigen unter dem Titel „Spare“, also „Reserve“.
Bedrohung für Monarchie?
Aus ebendieser schien Harry den Palast mit TV-Interviews, die am Sonntagabend in Großbritannien und den USA ausgestrahlt wurden, locken zu wollen. Denn er ließ unter anderem mit Breitseiten gegen Queen Consort Camilla und Bruder Prinz William, 40, aufhorchen.
Manche sehen die mediale Offensive als Sturm im Wasserglas, der Harry und Gattin Meghan kurzfristig Aufmerksamkeit und langfristig Millionen-Einnahmen durch Bücher und TV-Produktionen garantieren soll. Zumindest in seiner US-Heimat will das Paar laut Experten seinen Ruf als Opfer des royalen Apparats untermauern.
Verbrannte Erde
Viele erwarten aber, dass die Strategie der verbrannten Erde Harry bei einer erhofften Versöhnung mit seinem Vater und Bruder wenig dienlich sein wird. Im Vereinigten Königreich hat er jedenfalls ein Umfrage-Rekordtief erreicht.
Bereits 64 Prozent der Briten haben eine negative Meinung von ihm, teilte das Meinungsforschungsinstitut YouGov am Montag mit; im Dezember waren es erst 59 Prozent gewesen. Nur 26 Prozent stehen ihm positiv gegenüber.
„Die Enthüllungen haben die beabsichtigte Medien-Berichterstattung vor der Buchveröffentlichung bewirkt. Aber wenn der Duke of Sussex gehofft hatte, sie würden ihm in der Öffentlichkeit größere Sympathie bringen, hat er sich geirrt“, sagte YouGov-Datenexperte Matthew Smith.
Das Harry-Interview zu royalen Dramen mit dem britischen Sender ITV unterlag mit durchschnittlich 4.2 Millionen Zusehern in den Einschaltquoten dem BBC-Drama Happy Valley.Der Royals-Experte Michael Cole spricht dennoch von den „zerstörerischsten Enthüllungen“ seit rund 30 Jahren; der Telegraph sieht vor allem Thronfolger Prinz William als Zielscheibe.
Andere warnen, dass die eskalierende Familienfehde sogar die Monarchie selbst in Gefahr bringen könnte. Die Historikerin Cindy McCreery, außerordentliche Professorin an der Universität Sydney, ortet „einen sehr gefährlichen Moment für die britische Monarchie“.
Und Royals-Expertin und Charles-Biografin Catherine Mayer meint, die Vorwürfe gegen den Palast könnten „absolut katastrophal“ für die Institution werden.
Premier verteidigt Royals
„Das könnte den Anfang vom Ende der Monarchie markieren, was angesichts des derzeitigen Mangels an Vertrauen in den Staat bedeutend ist“, argumentiert Mayer. „Mitglieder der königlichen Familie sind zu unseren Stellvertretern für Wut über Rassismus, Frauenfeindlichkeit und Reichtum geworden. Schließlich ist die Monarchie eine Institution, die für Ungleichheit steht.“
Der Palast kommentiert die TV-Auftritte und Attacken bisher nicht öffentlich. William sei zwar zutiefst gekränkt, wolle aber „im Sinne von Familie und Land“ nicht zurückschlagen, wusste die Sunday Times.
Überraschend ist das royale Schweigen nicht, gilt doch „Nie beschweren, nie erklären“ als inoffizielles Motto der Königsfamilie. Stattdessen gratulierte diese am Montag via Twitter Williams Gattin Kate, 41, zum Geburtstag.
Die Verteidigung der Monarchie übernahm Premier Rishi Sunak. „Ich denke, die Öffentlichkeit hat, wie ich, enorme Achtung vor der Königsfamilie“, sagte er der BBC. „Sie ist eines jener Dinge, auf die ich am stolzesten bin, wenn ich an Großbritannien denke.“
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