Funde wohl lange falsch interpretiert: Auch Frauen jagten früher

Frauen hatten offenbar bereits in der Steinzeit eine wichtige Rolle bei der Jagd.
Großmütter konnten offenbar besonders gut zielen, berichteten fünf Forscherinnen aus den USA.

Männer waren die starken und mutigen Jäger, sicherten mit ihrer Ausbeute tagtäglich das Überleben ihrer Familie. Frauen sammelten ein paar Beeren und Pflanzen, gebaren Kinder und kümmerten sich um diese. So haben wir es gelernt, so sah die Rollenverteilung einst aus. Oder?

Nein – zu diesem Schluss kamen fünf Forscherinnen an der Seattle Pacific University in den USA. Sie durchkämmten die „Datenbank für Orte, Sprache, Kultur und Umwelt“, ein Katalog über Ethnografien menschlicher Gesellschaften aus dem 19. und 20. Jahrhundert, und stießen auf 63 Jägergesellschaften von früher, die sie sich genauer ansahen. Das Resultat: Frauen spielten in den meisten modernen Jägergesellschaften eine bedeutende Rolle bei der Jagd.

In 50 der 63 Gesellschaften fanden sie Beweise dafür, dass Frauen jagten. In Kulturen, in denen die Jagd das wichtigste Mittel zur Nahrungsbeschaffung war, spielten sie sogar in 100 Prozent der Fälle eine aktive Rolle.

Unterschiede nach Alter

Die Forscherinnen berichteten zudem, dass Frauen je nach Alter und Anzahl der Kinder unterschiedlich jagten. Sie wählten andere Waffen, jagten andere Tiere und suchten sich andere Begleiter. Oft waren es die älteren Frauen, die am häufigsten an der Jagd teilnahmen. Bei den Pfeil- und Bogenjägern sollen beispielsweise die Großmütter als am zielsichersten gegolten haben.

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Auch Hinweise darauf, dass Frauen bereits in der Steinzeit jagten, gab es in der Vergangenheit einige. 2018 gruben Archäologen in Peru etwa eine Jägerin aus. Neben ihren Knochen und Zähnen entdeckten sie eine Jagdausrüstung. Daraufhin überprüften sie Ausgrabungen der Vergangenheit und kamen zu der Erkenntnis, dass die Großwildjagd vor Tausenden von Jahren geschlechtsneutral war.

In vielen Fällen dürfte die eher männlich dominierte Archäologie Funde falsch interpretiert haben. 1963 zum Beispiel, als Wissenschafter in Colorado fast 10.000 Jahre alte Überreste einer Frau zusammen mit einer Geschossspitze fanden, war man davon ausgegangen: Die Frau muss die Waffe wohl als Schabmesser zur Essenszubereitung verwendet haben.

Die Forscherinnen in Seattle wollten mit ihrer Untersuchung zeigen, dass es sich bei Jägerinnen nicht nur um Einzelfälle, sondern ein ganzes Muster handelte.

Auch bei den Wikingern

Ähnliche Entdeckungen gab es übrigens zu weiblichen Kämpferinnen bei den Wikingern. Auch sie dürften in ihren Gesellschaften mehr Macht besessen haben und öfter mit Schwert oder Axt ausgerückt sein als die Wissenschaft lange annahm.

So dauerte es 139 Jahre, bis vor ein paar Jahren herauskam, dass es sich bei einem mit zahlreichen Waffen – sie deuten auf einen hohen Rang hin – ausgegrabenen Wikinger-Skelett um eine Frau handelte. Die Entdeckung stellte das Bild des bärtigen, breiten und vor allem männlichen Wikingers infrage.

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