Finnland: SS-Männer wie Helden verehrt

Die SS-Division „Wiking“ erschoss auch Juden. In Briefen gaben sich die Soldaten menschenverachtend.
Bei Feierlichkeiten der Armee wird die Flagge der SS-Division "Wiking" gezeigt.

Wer waren die Finnen, die in der Waffen-SS dienten, wirklich? Diese Frage bewegt die Finnen. Aufgeworfen hat sie der Historiker André Swanström, der mit seinem Werk „Die strebsamen Ritter. Finnische SS-Männer, Politik, Religion und Kriegsverbrechen“ das bisher glorifizierte Bild korrigiert.

Anhand von Briefen der finnischen Soldaten der SS-Division „Wiking“ weist der Historiker die Beteiligung mancher der 1400 Freiwilligen an Erschießungen von Juden und Kriegsgefangenen auf dem Gebiet der Sowjetunion nach. In Finnland gilt dies als neu, noch in den Achtzigerjahren hatte man den Soldaten ein Denkmal mit Lutherkreuz in Helsinki gestiftet. Denn das Land hat grundsätzlich einen besonderen Blick auf den Zweiten Weltkrieg. Finnland wurde Ende 1939 von der Sowjetunion angegriffen und musste 1940 Gebiete abtreten, das Land ging 1941 beim Angriff gegen die Sowjetunion eine „Waffenbrüderschaft“ mit NS-Deutschland ein, die Helsinki im September 1944 wieder aufkündigte, als sich der kommende Sieg der Sowjetunion deutlich abzeichnete.

Diese Geschichte bewegt noch heute – wer eine finnische Buchhandlung besucht, ist über die Masse an Literatur über den Zweiten Weltkrieg erstaunt. Geprägt ist das Zweite-Weltkrieg-Gedenken von dem erfolgreichen Widerstand finnischer Soldaten als Heimatverteidiger gegen zwei sowjetische Offensiven.

Die Verfolgung von Juden kam auf dem Territorium des stets souveränen finnischen Staates nicht vor und war daher ein deutsches Thema. „Meine Entdeckungen rücken die Beschreibung des Geschehens durch die SS-Bataillone und durch deren Historienschreiber Professor Mauno Jokipiis in ein ganz anderes Licht“, so Swanström. Das Bild, das die finnische Öffentlichkeit von der Waffen-SS hat, ist durch den 2007 verstorbenen Historiker geprägt, der 1968 sein 900-seitiges Magnum Opus dazu herausgab. Nach Einschätzung der größten finnischen Tageszeitung Helsingin Sanomat habe das Werk, das in enger Zusammenarbeit mit den Veteranen entstanden war, eine ähnliche Funktion der Rechtfertigung der SS-Mitgliedschaft gehabt wie die Veteranenverbände im Nachkriegsdeutschland.

Juden-Erschießungen

Swanström wies die Verbindung vieler finnischer Freiwilliger zu faschistischen Organisationen in Finnland nach. Auch nach Ende des Krieges sollen finnisch-deutsche SS-Beziehungen gepflegt worden sein. In den Briefen beschwerten sich finnische Freiwillige über das ihnen zugeteilte Erschießen von Juden, jedoch nicht aus moralischen Gründen, sondern da sie sich nicht mit der als gering eingestuften Aufgabe befassen wollten. Swanström wird für seine Recherchen derzeit in Finnland als einseitig kritisiert, von schärferen Gegnern als „Kulturbolschewik“ angefeindet.

Bis heute wird die Flagge des finnischen SS-Bataillons bei Feierlichkeiten der finnischen Streitkräfte gezeigt. Nach Ansichten mehrerer Tageszeitungen sollte dies nach Lektüre Swanströms Werk unterbunden werden.

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