„El Chapo“: Seine Söhne führen Drogengeschäft weiter
Lebenslange Haft in einem US-Hochsicherheitsgefängnis, fast vollständig isoliert und ohne Möglichkeit einer Begnadigung: Joaquín Guzmán, genannt „El Chapo“ (der Kurze), wird seine Heimat Mexiko wohl nie wieder sehen.
ür US-Justizminister Matthew Whitaker ist die Verurteilung des Ex-Chefs des Sinaloa-Kartells ein großer Sieg im Kampf gegen die Drogen. Der Schuldspruch sende eine „unwiderlegbare Botschaft“ an andere Drogenkriminelle in Mexiko, „dass sie letztlich festgenommen und verurteilt werden“.
Dass diese Drohung etwas bewirkt, darf allerdings bezweifelt werden. Das Geschäft mit illegalen Rauschmitteln lief schon während Guzmáns wiederholter Verhaftungen jedes Mal ungestört weiter.
„Los Chapitos“
Der 61-jährige, klein gewachsene Mann kann das größte Kartell Mexikos zwar nicht mehr steuern, es bleibt aber zu großen Teilen in den Händen der Familie – und zwar in jenen der „Los Chapitos“ oder „Litte Chapos“ Ivan, Archivaldo und Alfredo.
Die drei Söhne Guzmáns stehen seit der Verhaftung des Vaters mit Ismail „El Mayo“ Zambada an der Spitze des Syndikates. Laut Guzmáns Verteidigern war der 71-Jährige allerdings schon der Capo, als ihr Mandant noch auf freiem Fuß war. Er sei damit der eigentliche Verantwortliche für 25 Jahre Drogenschmuggel, Waffenmissbrauch, Bestechung, Geldwäsche, Entführung und mehr als 3000 Todesopfer.
"Föderation von Clans"
Laut dem mexikanischen Sicherheitsexperten Alejandro Hope hängt der Erfolg des Kartells ohnehin nicht an einzelnen Personen. Dieses sei „mehr eine Föderation verschiedener Clans“ als ein zentral gelenktes Unternehmen, sagte er in der Washington Post.
Seit Guzmáns letzter Festnahme 2016 schmuggelt das Sinaloa-Kartell neben Heroin, Kokain, Marihuana und Crystal Meth zunehmend auch das synthetische Opioid Fentanyl in die USA, wo es angesichts Millionen Schmerzmittel-Süchtiger reichlich Abnehmer findet.
Anfang Februar wurde am Grenzübergang Nogales in Arizona im doppelten Boden eines Gurken-Lasters die bisherige Fentanyl-Rekordmenge von 127 Kilogramm sichergestellt, dazu 200 Kilo Crystal Meth.
Die Lieferungen erfolgen – anders als von US-Präsident Donald Trump dargestellt – nicht über die großteils ungesicherte Grenze, auch wenn sich dort einige kilometerlange Tunnel befinden, sondern über reguläre Grenzübergänge wie den von Nogales oder über Flughäfen.
Mitunter versteckt in „legalen“ Produkten wie Konservendosen.
„Kein Krieg mehr“
Die früheren mexikanischen Präsidenten Enrique Peña Nieto (2012 bis 2018) und Felipe Calderón (2006 bis 2012) hatten einen mitunter äußerst brutalen Kampf gegen die Drogenbarone geführt. Der neue Staatschef Andrés Manuel López Obrador schraubte diesen zurück.
Hauptaufgabe der Regierung sei es, die öffentliche Sicherheit zu garantieren und nicht, Drogenbosse zu jagen, sagte er Ende Jänner. Es gebe offiziell keinen Krieg mehr. Manche Beobachter vermuten, dass die Regierung und auch die USA die stabile Herrschaft eines „Old-school“-Bosses wie Zambada dem Chaos, das dessen Sturz verursachen könnte, vorziehen.
Gefahr droht dem Sinaloa-Kartell demnach weniger vom Staat als von rivalisieren Syndikaten. So stößt das Kartell Jalisco Nueva Generación immer mehr in die Sinaloa-Einflussgebiete vor, was in der Grenzstadt Tijuana bereits zu brutalen Kämpfen führte.
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