Kommt nun das Ende der Pelztier-Zucht in Europa?
"Es ist doch ein Unding, dass immer noch Millionen Nerze in Europa gehalten werden, um aus ihnen ein Luxusprodukt herzustellen, das längst der Vergangenheit angehört", sagte der deutsche Agrarminister Cem Özdemir zur dpa.
In der EU will er sich gemeinsam mit Kolleginnen aus Österreich und den Niederlanden für ein Verbot der Pelztierhaltung in der EU stark machen.
Beim EU-Agrarministertreffen am Montag in Luxemburg wollten die drei Länder - Deutschland, Österreich und die Niederlande, darum bitten, einen Vorschlag für eben ein solches Verbot auszuarbeiten und zu prüfen, ob auch ein Verkaufs- oder Vermarktungsverbot für Pelztierprodukte auf dem europäischen Markt möglich wäre.
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Für den heimischen Tierschutzminister Johannes Rauch ist klar, dass für modernen Tierschutz Pelzproduktion grundsätzlich ausgeschlossen werden müsse, berichtet die Zeit.
Grund: Es sei niemals ethisch zu rechtfertigen, Tiere rein zur Pelzgewinnung zu halten. Zudem stellten Nerzfarmen während der Corona-Pandemie ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar. Wie unterschiedlich ist die Situation in Europa in Sachen Pelztierzucht?
Schon länger plädieren Tierschutzorganisationen für ein Verbot von Pelzfarmen in der EU. Sie stellen neben der Tierquälerei auch die ökonomische Relevanz in Europa in Frage. Zudem belaste Pelz den ökologischen Fußabdruck, weil Pelze mit verschiedenen Chemikalien behandelt würden.
1,5 Millionen Unterschriften gegen Pelz
Im vergangenen Jahr haben sich auch viele EU-Bürgerinnen und Bürger mit einer Unterschriften-Aktion für ein Verbot der Pelztierzucht eingesetzt. Innerhalb von einem Jahr wurden 1,5 Millionen Unterschriften gesammelt.
Israel verkündete im Juli 2021 als erstes Land der Welt ein Verkaufsverbot für Pelze. Die Schweiz schreibt vor, dass Wildtiere wie Nerze und Füchse nach zoologischen Standards gehalten werden müssen. Weil das hohe Anforderungen sind, ist die Schweiz seit langem frei von Pelzfarmen.
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EU-Angaben zufolge werden in zwölf EU-Staaten noch rund acht Millionen Tiere in rund 1.000 Pelzfarmen gehalten. Laut dem Verein gegen Tierfabriken (VGT) hat die letzte österreichische Pelzfarm in Österreich am 30. November 1998 geschlossen, in Deutschland war das erst 2019 der Fall.
1995 wurde in Österreich der kommerzielle Fallenfang für die Pelzproduktion verboten, seit 2005 gilt das gesetzliche Pelzfarmverbot wonach die Haltung und Pelzgewinnung verboten ist.
Import und Verkauf blieben aber erlaubt. Großbritannien war im Jahr 2000 das erste Land in dem Pelztierzucht in Europa verboten wurde.
Dänemark und Polen größte Pelzproduzenten
In Europa ist Dänemark das führende Land in Sachen Zucht. Dort würden auf den rund 1.600 Farmen über 17 Millionen Nerze gezüchtet, heißt es in einem Medienbericht. Anders als in Polen, dem zweitgrößtem Pelz-Produzenten in Europa, gibt es hier auch keine Verbots-Diskussionen.
800 bis 1.000 Pelzfarmen mit insgesamt rund fünf Millionen Tieren gibt es nach Recherchen des Deutschen Tierschutzbüros in Polen.
- Belgien: Die Pelztierzucht wurde 2023 eingestellt.
- Norwegen: Dort soll 2025 ein Verbot der Pelztierzucht in Kraft treten. Dem folgte 2019 auch die Slowakei. Dort soll die Pelzproduktion bis 2025 beenden sein.
- Irland hat die Pelztierzucht 2022 verboten.
- Lettland führte 2022 ein Verbot der Pelztierzucht mit einer Auslauffrist bis 2028 ein.
- Malta kündigte im August 2022 ein Verbot der Pelztierzucht mit sofortiger Wirkung an. Zwar gab es keine Farmen, jedoch stellt das Verbot eine Vorsichtsmaßnahme dar, um zu verhindern, dass Produzenten aus dem Ausland Betriebe nach Malta verlegen.
- Estland einigte sich 2021 auf ein Verbot ab 2026
- 2009: Die Einfuhr von Robbenfellen, Hunde- und Katzenfellen sowie deren Handel ist in der EU verboten
In Österreich stammt ein Teil der Pelze vom Fallenfang aus Alaska, Kanada und Russland, schreibt der VGT. Die übrigen Pelze in Österreich stammen von Pelzfarmen. Weltweit würden mehr als 65 Millionen Tiere für die Pelzindustrie getötet werden.
Laut Vier Pfoten haben sich die Importzahlen von Bekleidung, Accessoires und anderen Artikeln aus Echtpelz nach Österreich in den vergangenen zehn Jahren fast halbiert. Zwischen 2011 und 2021 sank der Wert der Einfuhren von rund 18,1 Millionen Euro auf rund 10,2 Millionen. In der EU habe sich die Summe der Importe im gleichen Zeitraum von 318,8 Millionen Euro auf 107,8 Millionen reduziert.
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