Der Clan-Chef wird zum zweiten Mal abgeschoben

Ibrahim Miri, 46
Wie Menschen mit Einreiseverbot versuchen, ihre Rechte in Deutschland auszuschöpfen.

VonSusanne BobekDer Asylantrag eines wegen bandenmäßigen Drogenhandels verurteilten Mehrfachstraftäters, der ein siebenjähriges Einreiseverbot nach Deutschland hat, wurde am Freitag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg abgeschmettert. Der Bescheid wurde per Boten in die Anwaltskanzlei des Mannes gebracht.

„Der Rechtsstaat ist handlungsfähig“, kommentierte der deutsche Innenminister Horst Seehofer den Justiz-Krimi, der Deutschland in Atem hält.

Der 46-jährige libanesische Clan-Chef Ibrahim Miri, der eine Gruppe von zirka 2500 Menschen befehligt, war erst im Juli in den Libanon abgeschoben worden. Ende Oktober war er wieder zurück und stellte einen neuen Asylantrag. Seine Begründung: Im Libanon drohe ihm Blutrache der Hamas. Mithilfe seines Anwalts wollte er das Verfahren bei null neustarten, was misslang.

Doch Miri wurde nicht in U-Haft genommen, sondern in Abschiebehaft, wo er sein Handy behalten darf. Sein Schwager sagte Bild: „Wir haben am Sonntag mit Ibo telefoniert. Er ist mit anderen zusammen. Er kann alles machen.“

Bei einer Hausdurchsuchung am Donnerstag wurde in der Wohnung von Miris Mutter scharfe Munition gefunden, die dem Clan-Chef gehören soll.

Der Miri-Clan kam in den 1980er-Jahren aus dem Libanon nach Deutschland. In Bremen schlug die schnell wachsende Familie ihr Hauptquartier auf. Mittlerweile expandierte sie mit ihren Geschäften, vor allem Drogen- und Waffenhandel, auch nach Berlin und nach Nordrhein-Westfalen.

Die deutsche Polizei hat viele Jahre die Ausbreitung der Clan-Kriminalität unterschätzt oder übersehen. Die Banden sind bestens organisiert und anwaltlich vertreten. Sie leben oft vom Sozialstaat und kennen ihre Rechte.

Terror der Clans

Nach derzeitigem Stand gibt es in Deutschland 24 arabischstämmige Clans, darunter die Miris und Abou-Chakers, die mit ihrem Ex-„Bruder“ Bushido eine gewisse Berühmtheit erlangten. Drei Clans stammen aus der Türkei und acht aus Westbalkanstaaten. Ihre Geschäftsfelder reichen von Raub, wie dem Bode-Goldraub, Einbruch und Zwangsprostitution bis zu Drogenhandel. Sie sind ethisch abgeschottete Subkulturen mit streng hierarchischen Strukturen – und unterwandern mit ihren jüngeren, gebildeteren Mitgliedern offenbar bereits Behörden.

Es handelt sich um ein rein deutsches Phänomen, das durch jahrelanges Kleinreden immer größer werden konnte. Jetzt vergeht kaum eine Woche, wo nicht mittels Großrazzien dem Terror der Clans ein Riegel vorgeschoben wird. Besonders wirksam erweisen sich dabei Beschlagnahmungen von Wohnungen, Häusern und Autos, wenn nicht nachgewiesen werden kann, woher das Geld für die Anschaffung stammt.

Missbrauch mit System

„Dieser Fall Miri zeigt, dass unser freiheitliches Rechtssystem in diesem Bereich anfällig für Missbrauch ist“, sagte Innenminister Horst Seehofer. „Personen mit Wiedereinreisesperre werden an allen deutschen Grenzen zurückgewiesen, auch wenn sie einen Asylantrag stellen“, so Seehofer. Er wolle einen Gesetzesentwurf vorlegen, um Personen mit Einreiseverbot entweder direkt an der Grenze abweisen oder während des Asylverfahrens ohne weitere Voraussetzungen in Haft nehmen zu können.

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