Coronavirus: Sorge über sprunghafte Verbreitung außerhalb Chinas
Im Kampf gegen das neuartige Corona-Virus haben neue Infektionsherde in und außerhalb Chinas die Weltgesundheitsorganisation WHO alarmiert. WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus warnte am Freitag, das "Zeitfenster" zur Eindämmung der Epidemie schließe sich. Zuvor waren neue Infektionsherde sowohl aus China als auch aus mehreren anderen Ländern gemeldet worden.
"Wir sind immer noch in einer Phase, wo die Eindämmung möglich ist", sagte Ghebreyesus. "Aber das Zeitfenster schließt sich immer mehr." Wenn die Welt jetzt nicht "hart" gegen das Virus vorgehe, werde sie vor einem "schwerwiegenden Problem" stehen.
Die chinesischen Behörden räumten ein, dass es in mehreren Gefängnissen des Landes mehr als 500 Infizierte gebe. 230 Infektionen wurden allein im Frauengefängnis in Wuhan, dem Epizentrum der Epidemie, registriert. Außer in der Provinz Hubei gibt es auch in den östlichen Provinzen Shandong und Zhejiang Gefängnisse mit Coronavirus-Fällen. Zudem traten im Pekinger Fuxing-Krankenhaus gehäuft Neuinfektionen auf.
Chinas Staatschef Xi Jinping sagte bei einer Politbüro-Sitzung, der Höhepunkt der Epidemie sei "noch nicht gekommen", vor allem die Lage in Hubei sei weiterhin "düster und kompliziert". In Hubei war im Dezember der Erreger der Atemwegserkrankung Covid-19 erstmals bei Menschen festgestellt worden. In Festlandchina steckten sich nach Behördenangaben bisher rund 75.000 Menschen mit dem Virus an, mehr als 2.200 von ihnen starben.
In etwa 25 weiteren Ländern wurden insgesamt rund 1.100 Infektionen nachgewiesen, 13 Infizierte starben. Besonders besorgniserregend ist die Lage in Südkorea: Bei 204 Menschen wurde bis Freitag das Virus nachgewiesen, vor allem in Daegu. Mehr als 120 von ihnen gehören der Shincheonji Church of Jesus an. Die Verbreitung des Virus in der christlichen Sekte ging nach Behördenangaben von einer 61-jährigen Anhängerin aus, die Virustests zunächst verweigert hatte und weiter zu Gottesdiensten in Daegu ging. "Mit so vielen Fällen hier habe ich Angst, dass Daegu zum zweiten Wuhan wird", sagte Einwohner Seo Dong-min.
Auch von dem vor der japanischen Küste liegenden Kreuzfahrtschiff "Diamond Princess" könnte sich das Virus weiter ausbreiten. Nachdem am Mittwoch rund 500 Passagiere das Schiff nach zweiwöchiger Quarantäne verlassen durften, erwiesen sich mehrere der ursprünglich negativ getesteten Ex-Passagiere als infiziert. In Australien wurden nach Behördenangaben zwei frühere Passagiere nach ihrer Heimkehr positiv auf das Virus getestet. Auch bei Israels erstem Infektionsfall handelt es sich um eine frühere Passagierin der "Diamond Princess".
Reiseverkehr eingeschränkt
Im Iran stieg die Zahl der Infizierten auf 18 - vier von ihnen starben. In den meisten Fällen handle es sich entweder um Menschen aus der Stadt Kom oder solche, die in den vergangenen Tagen oder Wochen dort waren, erklärte das Gesundheitsministerium. Kom ist sowohl ein Zentrum für islamische Studien als auch ein beliebtes Touristenziel. Wegen der Situation im Iran untersagte der Irak alle Reisen in und aus dem Nachbarland. Kuwait schränkte den Reiseverkehr ein.
Auch der Libanon vermeldete am Freitag die erste Coronavirus-Patientin, sie hatte sich laut Gesundheitsministerium kürzlich in Kom aufgehalten. In Ägypten und in den Vereinigten Arabischen Staaten gibt es ebenfalls Infektionsfälle.
Auch in Norditalien haben sich mehrere Menschen mit dem Coronavirus angesteckt. 14 Fälle wurden in der lombardischen Provinz Lodi gemeldet, zwei weitere im Raum von Padua, teilten die Gesundheitsbehörden am Freitag mit. Hunderte Menschen wurden unter Quarantäne gestellt. In mehreren Gemeinden im Raum Lodi wurden öffentliche Lokale und Schulen geschlossen.
Aus Wuhan wurden unterdessen am Freitag 15 weitere Deutsche heimgeflogen, sie landeten am Nachmittag auf dem Stuttgarter Flughafen. Die Rückkehrer wurden nach Angaben der Landesregierung sofort medizinisch untersucht und sollten isoliert in einem Hotel in Kirchheim unter Teck in der Nähe von Stuttgart untergebracht werden. In den vergangenen Wochen hatte Deutschland bereits 120 seiner Bürger aus Wuhan heimgeholt.
Kommentare