Fico-Anhänger fürchten, dass die Sympathisanten der Opposition ein Exempel statuiert haben. Die andere Seite spekuliert, dass Robert Fico nun als eine Art Märtyrer noch mehr Wähler findet – sofern er das Amt aufgrund seines Gesundheitszustandes überhaupt noch einmal ausüben kann.
„Ein Attentat mit Waffen, im Jahr 2024, mitten in Europa, das ist eine Katastrophe. Es wird alles verändern“, sagt Julius Chovanec, der gerade in einem Straßencafé zu Mittag isst. Er selbst sieht sich politisch in der Mitte, ergänzt aber: „Ich bin nicht immer auf seiner Seite, aber Fico ist der beste Politiker in der Slowakei.“
Warum das Land so gespalten ist (siehe Bericht oben), auch darauf gibt Chovanec eine Antwort: „Hier glaubt jeder Kellner und jeder Mechaniker, er wäre ein besserer Politiker als die, die im Parlament sitzen. Das heizt die Stimmung auf.“
Politisch sind die Slowaken tatsächlich, wie beim KURIER-Lokalaugenschein in Bratislava auffällt. Jeder, der angesprochen wird, hat eine Meinung.
Wer verbreitet den Hass?
Denisa A. ist gerade zu Fuß vor dem Parlament unterwegs. „Ficos SMER hat jetzt alles, was sie wollte. Immer hat es geheißen, in der Opposition sitzen die Hetzer. In Wahrheit ist es aber Fico der Hass verbreitet. Durch das Attentat schaut es jetzt nach außen so aus, als hätte SMER recht. Ich weiß nicht, wie das weitergehen wird. Ich habe Angst, dass er sich als Opfer darstellt und noch mehr Anhänger bekommt“, sagt Denisa A..
Unweit des Parlaments befindet sich auch die Straße, in der vor zwei Jahren zwei Homosexuelle in einer Bar ermordet wurden. Jakob Somora sitzt dort vor einem Lokal. Er ist besorgt: „Als zwei Menschen aus der LGBTQ-Community hier getötet wurden, war der Schock nicht so groß wie jetzt. Dabei hat Fico es so weit kommen lassen, und die Atmosphäre hier so schlecht gemacht. Das Attentat ist wie ein Boomerang, der Fico jetzt trifft. Ich hoffe, er wird sich jetzt selbst hinterfragen.“
Die Meinungen sind noch gespaltener als vor dem Attentat. Eine junge Mutter, die vorbeispaziert, bringt das auf den Punkt: „Es ist einfach nur schrecklich, für beide Seiten.“
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