Bosnien: Minderjährige von Polizisten zur Prostitution gezwungen

Eine leere Schaukel hängt an Ketten.
In der bosnischen Stadt Tuzla wurden acht Personen wegen des Verdachts der sexuellen Ausbeutung von Minderjährigen festgenommen.

Zusammenfassung

  • Zwei 15-jährige Mädchen wurden laut Staatsanwaltschaft von einem kriminellen Netzwerk, darunter vier Polizisten und ein Professor, zur sexuellen Ausbeutung gezwungen.
  • Der Hauptverdächtige, ein Polizeiinspektor mit kriminellem Hintergrund, und weitere Verdächtige nutzten die Hilflosigkeit der Mädchen aus und wurden festgenommen.
  • Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die tiefe Korruption in Bosnien-Herzegowina und die Versäumnisse staatlicher Institutionen im Kindesschutz.

Seit Wochen zieht sich ein beispielloser Skandal durch die bosnische Medienlandschaft: Zwei 15-jährige Mädchen sollen laut Staatsanwaltschaft Opfer eines organisierten kriminellen Netzwerks geworden sein. Dieses Netzwerk soll unter anderem von vier hochrangigen Polizeibeamten und einem Universitätsprofessor aufgebaut worden sein. 

Sie sollen die Mädchen rekrutiert, versteckt und sie in den Gebieten Kalesija, Živinice und Srebrenik zur sexuellen Ausbeutung an Dritte übergeben haben. Die beiden Minderjährigen waren in einem Heim für Kinder ohne elterliche Fürsorge in Tuzla im Nordosten Bosnien-Herzegowinas untergebracht. Zwischen April 2024 und Ende Juli 2025 sollen insgesamt acht Verdächtige im Alter zwischen 30 und 67 Jahren die Mädchen selbst sexuell missbraucht haben. Dafür soll der Hauptverdächtige, der Polizeiinspektor aus Kalesija, Besim K., Geld von den anderen Männern angenommen haben.

Tief verankerte Korruption

K. war den Ermittlungsbehörden bereits bekannt: Laut bosnischen Medien soll er sich seit Jahren im kriminellen Milieu bewegt haben. Gegen ihn wurde unter anderem wegen illegalen Fahrzeughandels und des Betriebs eines Gästehauses, das für sexuelle Handlungen genutzt wurde, ermittelt. Die Tatsache, dass jemand mit einem solchen kriminellen Hintergrund zwei Jahrzehnte lang seinen Beruf als Inspektor ausüben konnte, zeigt, wie tief die Korruption in Bosnien-Herzegowina verankert ist. 

Einer der Verdächtigen soll sogar als Präsident der Arbeitsgruppe für die Entwicklung der Antikorruptionsstrategie des Kantons Tuzla fungiert haben. Er wurde seines Amtes enthoben. "Unter Achtung der Unschuldsvermutung duldet die Regierung des Kantons Tuzla nicht, dass Personen, die im Verdacht stehen, Straftaten begangen zu haben, Teil von Regierungsorganen sind", teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Mindeststrafe von zehn Jahren 

Obwohl die Mädchen bereits mehrfach aus der sozialen Einrichtung ausgebrochen waren, haben die Sozialarbeiter offenbar nicht auf ihr auffälliges Verhalten reagiert. Immer wieder wurden die 15-Jährigen von der Polizei und dem Jugendamt aufgegriffen und in die Einrichtung zurückgebracht. Laut Staatsanwaltschaft sollen die Verdächtigen die Hilfslosigkeit und die Fluchtversuche der Mädchen ausgenutzt haben, um sie zur Prostitution zu zwingen. 

Am 29. Oktober 2025 fanden in mehreren Ortschaften in Bosnien-Herzegowina Durchsuchungen statt, bei denen insgesamt acht Verdächtige festgenommen wurden. Nach der strafrechtlichen Untersuchung wurden sie der Staatsanwaltschaft übergeben. Auf die ihnen zur Last gelegte Straftat steht eine Mindeststrafe von zehn Jahren Gefängnis.

Ob dieser Skandal das Balkan-Land aufrütteln und zu einer konsequenten Bekämpfung der Korruption führen wird, bleibt abzuwarten. Solange die Verantwortung aber nur bei Einzelpersonen liegt und nicht bei den Strukturen, die diesen Missbrauchsskandal unterstützt haben, wird es für die beiden Mädchen wohl keine Gerechtigkeit geben.

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