Missbrauchsprozess um Wiener Lehrerin: Empfindliche Strafen

Der Prozess gegen sieben Angeklagte geht ins Finale
Zusammenfassung
- Im Wiener Missbrauchsprozess um eine Lehrerin wurden die Hauptangeklagten zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
- Die Lehrerin wurde von mehreren Jugendlichen erpresst, bestohlen und missbraucht, wobei die Eltern als Zeugen ihre Angst und das Leid schilderten.
- Gegen die Lehrerin selbst wurden keine strafrechtlichen Ermittlungen eingeleitet, da keine Hinweise auf ein Fehlverhalten vorlagen.
Das graue Leintuch im Bett ist zerrissen, das rosa Sommerkleid ihrer Tochter liegt ebenfalls zerrissen am Boden. Dieses Bild wird die Mutter der Lehrerin, um die es in dem Missbrauchsprozess geht, wohl nie wieder vergessen.
Sie hat ein Foto gemacht, als sie im August vergangenen Jahres in der Wohnung ihrer Tochter war. Dieses Foto zeigte sie am Donnerstag auch der vorsitzenenden Richterin.
Am letzten Verhandlungstag waren auch die Eltern der Betroffenen als Zeugen geladen. Der Vater kämpfte sichtlich mit den Emotionen, seine Stimme brach öfter, er räusperte sich nicht nur einmal. „Ich weiß nicht, wie oft und von wem sie vergewaltigt worden ist. Ich habe mein Kind noch nie so fertig gesehen“, schilderte der 60-Jährige. Zunächst hatte sich die Pädagogin ihrer Schwester anvertraut, anschließend hätten auch die Eltern erfahren, was passiert sei.
Scham und Angst
Mit „kompromittierenden Fotos“ hätte man seine Tochter unter Druck gesetzt, erzählte der Vater. Seine Tochter habe nicht zur Polizei gehen wollen, weil sie befürchtete, das Wissen um ihre Kontakte zu Jugendlichen würde an der Schule die Runde machen: „Sie hat gemeint, dass das beruflich schlecht ausgeht.“ Unternommen habe seine Tochter deshalb zunächst nichts.
Sie habe gehofft, dass die Angeklagten das Interesse an ihr verloren hätten. Der Druck sei aber weiterhin präsent gewesen. „Ihre größte Angst war, dass das rauskommt. Ihre Kollegen haben sie blockiert gehabt. Sie hat nur mehr uns zum Reden gehabt“, sagte der Vater weiter.
"Keine romantische Beziehung"
Die Mutter betonte auch, dass die Tochter nie eine romantische Beziehung zu dem heute 17-Jährigen gehabt hatte, durch den die Burschen in weiterer Folge Zugang zur Wohnung erhalten haben. Die Lehrerin hatte allerdings selbst eingeräumt, sie habe zu sehr später Stunde in alkoholisiertem Zustand den Jugendlichen kontaktiert und in ihre Wohnung gebeten, wo es zu einvernehmlichem Sex gekommen sei.
Männerschuhe auf die Terrasse gestellt
Ihre Tochter habe nach Monaten auch eine Therapeutin aufgesucht, berichteten die Eltern. „Dort wurden dann Maßnahmen besprochen. Zum Beispiel, dass wir große Männerschuhe auf die Terrasse stellen sollten, um die Burschen abzuschrecken. Oder einen zweiten Namen ans Klingelschild schreiben“, berichtete die Mutter weiter. Für mehrere Wochen schlief die Mutter auch gemeinsam mit ihrer Tochter in der Wohnung, um ihr wieder ein Sicherheitsgefühl zu vermitteln. „Bei jedem Klopfen an der Türe hat sie eine Panikattacke bekommen.“
Gegipfelt habe das alles schließlich in der Brandlegung, sagte der Vater. Die Wohnung der Pädagogin war im Jänner völlig ausgebrannt. Kleidung, die auf dem Wäscheständer hing, sowie die Bettwäsche waren angezündet worden. Zu diesen Vorwürfen zeigten sich die Burschen geständig, nicht aber zu den Sexualdelikten.
Gerüchte an der Schule
Währenddessen dürften an der Schule mit Beginn des Wintersemesters 2024/2025 Gerüchte über ein Naheverhältnis der Lehrerin zu minderjährigen ehemaligen Schülern die Runde gemacht haben. Darauf deutete die Aussage einer Assistentin des Direktors der betroffenen Schule, die kurzfristig als Zeugin befragt wurde.
Sie habe in den Sommerferien zufällig einen Schüler auf der Straße getroffen: „Er hat mir erzählt, dass sie (die Lehrerin, Anm.) Jugendliche zu sich einlädt und mit ihnen Geschlechtsverkehr hat.“ Sie sei „natürlich geschockt“ gewesen, der Bursch, zu dem sie „ein Vertrauensverhältnis“ gehabt hätte, habe „ein paar Namen genannt“. Sie habe „darüber nachgedacht, ob das wahr ist“, gab die Zeugin weiter zu Protokoll. Es habe „für mich glaubwürdig“ geklungen: „Der Junge hat keinen Grund, mir nicht die Wahrheit zu sagen.“
Fest steht aber, dass die Staatsanwaltschaft gegen die Lehrerin zu keinem Zeitpunkt strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet hat. Es liegen keine Hinweise auf ein Fehlverhalten der Frau vor – etwa im Sinne eines Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses.
Empfindliche Strafen für Angeklagte
Am Montagabend sind am Wiener Landesgericht die Hauptangeklagten im Missbrauchsfall um eine Lehrerin, die von Juli 2024 bis Jänner 2025 von Burschen im Alter von 14 bis 17 Jahren erpresst, bestohlen und missbraucht worden sein soll, umfassend schuldig gesprochen worden. Für einen 15-jährigen Iraker setzte es dreieinhalb Jahre unbedingte Haft, für einen 17-Jährigen Rumänen drei Jahre unbedingte Haft. Ein 15-jähriger Afghane erhielt 15 Monate Haft, davon fünf Monate unbedingt. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.
Die Staatsanwältin nutzte ihr Schlussplädoyer, um mit den Angeklagten abzurechnen. „Das, was hier passiert ist, ist schwerste Kriminalität.“ Für die Hauptangeklagten forderte sie „empfindliche Strafen“. Sie betonte, die Beweise würden völlig ausreichen, um einen Schuldspruch zu fällen. Sie sagte außerdem, dass es nicht um moralische Fragen gehe. Die Frau habe „falsche Entscheidungen getroffen, aber es geht nicht darum ein Moralurteil zu fällen“. Die Verteidiger betonten, dass in der Schilderung des Opfers zu viele Widersprüche gewesen seien.
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