Argentiniens Ex-Präsidentin im Kriminal

Chauffeur notierte Schmiergeldzahlungen, einer ihrer Jugendfreunde gründete Bauimperium

Ein Staatsanwalt wurde ermordet, einen Tag bevor er seine Anklage präsentieren konnte. Etliche Geschäftsleute sind wegen Bestechung in Haft. Doch erst jetzt, nach jahrelangem Tauziehen zieht sich auch die Schlinge um die argentinische Ex-Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner zu.

Das Parlament hat in der Nacht auf Donnerstag den Weg frei gemacht für Hausdurchsuchungen in den zahlreichen Villen und Wohnungen der 65-jährigen Politikerin der sozialistischen Partei, die sich mit ihrem verstorbenen Mann und Amtsvorgänger Néstor Kirchner schamlos bereichert haben soll.

Dummerweise hat ein Chauffeur und Geldbote der Kirchners darüber Tagebuch geführt, wann er von wem, wie viel kassiert und zu den Kirchners transportiert hat. Die Beschlagnahmung des Tagebuchs wurde Anfang August bekannt und seither kommt es in Buenos Aires immer wieder zu Protestkundgebungen gegen die „Königin der Mafia“, die sich als politisch Verfolgte sieht.

Die Kirchners sollen während ihrer Regierungszeit von 2003 bis 2015 staatliche Bauaufträge von insgesamt 3,3 Milliarden Dollar an ein „befreundetes“ Bauunternehmen vergeben haben. Dabei sollen bis zu einer Milliarde Dollar unterschlagen worden sein.

Das offizielle Vermögen Kirchners beläuft sich aber nur auf fünf Millionen Dollar. Der Bauunternehmer Lazaro Baez, ein Jugendfreund von Néstor Kirchner, legte dafür eine beeindruckende Karriere vom Bankkassier zum Multimillionär hin. Er sitzt wegen Verdachts auf Geldwäscherei (in einem ganz anderen, viel kleineren Fall) in Haft. Doch die Justiz vermutet eine kriminelle Vereinigung: Ein ehemaliger Planungsminister ist in U-Haft. Und der ehemalige Staatssekretär für öffentliche Arbeiten wurde im Juni verhaftet.

Kloster-Groteske

Der gute Mann hatte sich eines Nachts dabei erwischen lassen, als er mit einem halbautomatischen Gewehr bewaffnet, Banknoten und Luxusuhren im Wert von 8,7 Millionen Dollar in zwei Kartoffelsäcken in ein Kloster außerhalb von Buenos Aires schmuggeln und dort in Sicherheit bringen wollte.

Trotz dieser Groteske sieht Cristina Kirchner in den Ermittlungsrichtern Gehilfen der konservativen Regierung von Mauricio Macri.

Die Ex-Präsidentin hat seit 2015 ein Verfahren wegen Dollar-Manipulation der argentinischen Zentralbank am Hals.

Größtes Aufsehen erregte außerdem der Mord am Untersuchungsrichter Alberto Nisman im Jänner 2015, einen Tag bevor dieser der Abgeordnetenkammer seine Vermutungen über die Vertuschung der wahren Schuldigen eines Bombenanschlags mit 85 Toten auf ein jüdisches Zentrum im Jahr 1994 darlegen konnte. Den Kirchners wurde Strafvereitelung zugunsten iranischer Geschäftsleute vorgeworfen.

Der Chauffeur hat Schmiergelder in der Höhe von 140 Millionen Euro im Tagebuch dokumentiert. Von zwölf Verdächtigen in U-Haft haben bereits acht gestanden.

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