Antarktis: Mit Schneekanonen gegen die Eisschmelze

Antarktis: Mit Schneekanonen gegen die Eisschmelze
Deutsche Forscher haben eine kühne Idee: Mit Meerwasser sollen Schneekanonen betrieben werden, die den Eisschild der Antarktis stabilisieren.

Forscher suchen nach diversen Ansätzen, die Klimakatastrophe zu verhindern - darunter auch radikale, menschliche Eingriffe. Eine viel diskutierte, künstliche Gegenmaßnahme gegen den Klimawandel wäre beispielsweise "Geo-Engineering". Dann würde sich das Schreckensszenario vieler Verschwörungstheoretiker bewahrheiten: Flugzeuge müssten ständig Schwefeldioxid versprühen, um künstliche Wolken zu erzeugen, den Himmel zu verdunkeln und somit die Temperaturen zu senken. Über Sinnhaftigkeit und Auswirkungen einer solchen Maßnahme wird rege diskutiert. Derzeit ist sie jedenfalls nur eine Utopie.

Utopisch ist auch der neueste Vorschlag von Forschern, wie ein drohender Eiskollaps in der Westantarktis vermieden werden könnte. Eine durch künstliche Beschneiung gewonnene riesige Menge an Schnee könne den Eisschild stabilisieren, berichtete das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung am Mittwoch.

Dafür müssten mehrere hundert Milliarden Tonnen Wasser pro Jahr über einige Jahrzehnte hinweg auf das Eis geschneit werden.

Methode hat erhebliche Umweltrisiken

Gute Ideen, die Antarktis betreffend, wären jedenfalls gefragt: Nach Einschätzung der Klimaforscher droht der westantarktische Eisschild auf lange Sicht ins Meer zu rutschen. Dies würde demnach zwar Jahrhunderte dauern, würde aber den Meeresspiegel weltweit um mehr als drei Meter ansteigen lassen.

Damit würden Metropolen von New York über Shanghai bis nach Hamburg langfristig unterhalb des Meeresspiegels liegen, erklärte Anders Levermann, Physiker am Potsdam-Institut. Ozeanische Inseln wie das 10.000 Einwohner starke Tuvalo wären schon viel früher betroffen.

Mit Billionen Tonnen an zusätzlichem Schnee könnten die Gletscher nach Einschätzung der Forscher gerettet werden. Allerdings würde dies beispiellose Ingenieurslösungen erfordern und eine der letzten unberührten Regionen der Erde erheblichen Umweltrisiken aussetzen.

Levermann erklärte, im Kern gehe es "um die Abwägung, ob wir als Menschheit die Antarktis opfern wollen, um die heute bewohnten Küstenregionen und das dort entstandene und entstehende Kulturerbe zu retten". Der westantarktische Eisschild sei das erste Kippelement im Klimasystem, das die Menschheit gerade kippen sehe.

Schneekanonen mit entsalzenem Meerwasser speisen

Die nach einer Computersimulation mögliche Rettung durch die massive Beschneiung sei allerdings ein beispielloser Eingriff in die Natur. Das Hochpumpen, das Entsalzen und die Erwärmung des Meerwassers sowie das Betreiben der Schneekanonen würden eine Strommenge in der Größenordnung von mehreren zehntausend Highend-Windturbinen erfordern, erklärte Johannes Feldmann, Co-Autor der Studie.

Antarktis: Mit Schneekanonen gegen die Eisschmelze

Künftig auch am Südpol?

"Einen solchen Windpark inklusive der dafür nötigen Infrastruktur in der Amundsensee zu errichten und derartige enorme Mengen an Meerwasser zu entnehmen, würde im Wesentlichen den Verlust eines einzigartigen Naturreservates bedeuten." Darüber hinaus mache das raue antarktische Klima die technischen Herausforderungen kaum absehbar und schwer zu bewältigen, während die potenziellen schädlichen Auswirkungen auf die Region wahrscheinlich verheerend sein würden.

Die Forscher erklärten, "die offensichtliche Absurdität des Unterfangens" einer künstlichen Beschneiung der Antarktis spiegle die atemberaubende Dimension des Meeresspiegelproblems wider. Für Wissenschaftler sei es aber die Pflicht, die Gesellschaft über jede einzelne mögliche Option zur Bewältigung der anstehenden Probleme zu informieren.

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