Als Baby entführte Tochter nach 51 Jahren wiedergefunden
Melissa Highsmith war keine zwei Jahre, als ihr Leben eine dramatische Wendung nahm. Ihre Mutter, Alta Apantenco, damals 22, suchte im texanischen Fort Worth nach der Trennung von ihrem ersten Mann für die Kleine dringend eine Tagesbetreuung. Andernfalls hätte sie ihren Job als Kellnerin verloren.
Auf ein Inserat bot eine Frau an, sich neben anderen Kindern auch um Melissa zu kümmern. Das Mädchen wurde bei einer Zimmer-Nachbarin von Apantenco von einer Frau, die weiße Handschuhe trug, abgeholt und in die improvisierte Privat-Kita gefahren. Von dort kehrte sie nie zurück.
Zufall, Muttermal und Gentest
Über 51 Jahre und ungezählte gescheiterte Versuche, das Kind zurückzubekommen, ist das nun her. Und fast sah es so aus, als würde der Vermissten-Fall mit der Nummer A0602001 niemals aufgeklärt.
Dann das: Der Zufall, das gesammelte Gen-Wissen amerikanischer DNA-Datenbanken, eine Hobby-Genealogin und ein Muttermal auf dem Rücken einer inzwischen 53 Jahre alten Frau haben eine filmreife Familienzusammenführung produziert.
Wie die Highsmith-Familie der Zeitung Star Telegram in Fort Worth glückselig berichtete, ist die am 23. August 1971 verschwundene Melissa von ihren vier Geschwistern auf Fotos identifiziert worden. Ein genetischer Fingerabdruck ergab weitere Gewissheit.
Der Schlüsselmoment ereignete sich Anfang November. Melissas Vater Jeffrie Highsmith erhielt seine der kommerziellen Analyse-Firma „23andMe“ zur Verfügung gestellte DNA zurück. In deren Daten-Pool wurde ein Enkelkind gefunden, von dem Jeffrie Highsmith nicht wusste, dass es existierte. Es war das Kind einer gewissen Melanie Walden.
Deren DNA-Test bestätigte die Ausgangsthese: Melanie Walden ist Melissa Highsmith. Lisa Jo Schiele, eine Wissenschaftlerin und Hobby-Genealogin, half bei der Interpretation der DNA-Ergebnisse und suchte entsprechende Bestätigungen in öffentlich zugänglichen Personen-Registern. Mit Erfolg.
Ein Kind für 500 Dollar?
Wie Melissa, eine zierliche Frau mit Kurzhaarschnitt, das vergangene halbe Jahrhundert verbracht hat, ob die Frau, bei der sie aufwuchs, auch die Entführerin von damals war, all das liegt noch weitgehend im Dunkeln und wird, obwohl jeder Straftatbestand seit Jahrzehnten verjährt ist, von der Polizei in den nächsten Wochen und Monaten rekonstruiert.
Ersten Informationen nach soll die Frau, die Melissa großgezogen hat, einst 500 Dollar für sie bezahlt haben. An wen? Noch unbekannt. „Melissa wusste nicht, dass sie entführt worden ist“, sagen ihre Schwestern Rebecca und Sharon. „Wir aber haben jedes Jahr für sie eine Geburtstagsparty ausgerichtet.“
Tiefe Verbundenheit
Melissa Highsmith sagte einem örtlichen Radiosender, dass sie keine glückliche Kindheit hatte. „Ich fühlte mich nicht geliebt. Es gab Missbrauch. Mit 15 bin ich weggelaufen und schlug mich auf der Straße durch.“
Was folgte, waren mehrere Ehen, Konflikte mit dem Gesetz und drei Schwangerschaften.
Als Melissa Highsmith am vergangenen Wochenende mit Eltern und zweien der vier Geschwister in Fort Worth in einer Kirche zusammentraf, flossen viele Tränen der Freude. „Ich kann es nicht fassen, dass das da meine verlorene Schwester ist“, sagte Victoria Garner. In ersten TV-Interviews sah man den Highsmiths am Dienstag eine tiefe Verbundenheit an.
Die will Melissa Highsmith demnächst auf ganz besondere Weise dokumentieren. Sie wird ihren Mann Robert ein zweites Mal heiraten – damit ihr Vater sie zum Traualtar geleiten kann.
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