39 Tote: Druck auf die Asylrouten steigt wieder
Temperaturen von bis zu minus 25 Grad waren offenbar zu viel. Die 39 Insassen des Kühl-Lastwagens von London starben vermutlich qualvoll – sie erstickten entweder oder erfroren. Neueste Ermittlungen zeigen, dass es sich um Chinesen gehandelt hat. Sicher ist, dass sie schon im belgischen Zeebrügge in dem Container waren. Dort ist ein kaum kontrollierter Frachthafen – ideal für Menschenschmuggler.
Nicht über Irland (wie zunächst noch vermutet), sondern direkt von Belgien kam der Kühl-Lkw mit einer Fähre in England an. Als die Rettung in das Industriegebiet bei London gerufen wurde, waren die 31 Männer und acht Frauen womöglich schon seit Tagen tot.
Die Polizei hält es für ausgeschlossen, dass die Chinesen in Belgien in den Container gestiegen sind. Dieser ist versiegelt und das wird vor jeder Verladung überprüft. Die Chance, dass jemand 39 Personen in einen Container schmuggelt und diesen wieder plombieren kann, wird als verschwindend gering eingeschätzt.
Balkanroute: Kaum Chinesen
Ob der Container über See oder Land kam, ist noch unklar. „Chinesen spielen auf der Balkanroute jedenfalls nur eine untergeordnete Rolle“, erklärt Gerald Dreveny, stellvertretender Leiter der Asylabteilung im Innenministerium, im Gespräch mit dem KURIER.
Seit mehreren Wochen registrieren die Sonderermittler für Menschenhandel in Niederösterreich jedenfalls wieder einen deutlichen Anstieg der Schlepperkriminalität.
Tote in Lastwagen stammen aus China
Erst am Mittwochmorgen wurden im östlichen Wienerwald bei Perchtoldsdorf 28 Flüchtlinge aus Afghanistan, Somalia, Indien und Bangladesch von einem Schlepper aus einem Lastwagen auf der Freilandstraße ausgesetzt.
Drei Fälle in Österreich
Es ist der dritte derartige Fall binnen weniger Tage. Jeder aus der Gruppe der Flüchtlinge hatte rund 5000 Euro bezahlt, um von Griechenland aus über die Balkanroute nach Deutschland zu gelangen. Teilweise sind die Flüchtlinge drei Tage nur mit Wasser auf engstem Raum eingepfercht gewesen. In Österreich war Endstation.
„Es gab in den vergangenen Wochen mehrere solcher Großaufgriffe. In den meisten Fällen werden die Flüchtlinge in Lkw oder Kleinlastern transportiert“, sagt Wolfgang Kuntner von der Gruppe Menschenhandel des niederösterreichischen Landeskriminalamtes.
Die Spezialisten rechnen damit, dass die Zahl der Flüchtlingsaufgriffe in den kommenden Wochen noch deutlich zunimmt. Um die Schleppereien zu unterbinden, sei es wichtig, die verantwortlichen Fahrer festzunehmen. (Deshalb bitten die Ermittler auch die Bevölkerung um Hinweise).
Tatsächlich wird die Balkanroute wieder zunehmend zum Problem. Die Zahl der Ankünfte in Europa über die sogenannte östliche Mittelmeerroute lag bis Mai bei 13.288 Ankünften, aktuell sind es bereits rund 50.000 laut offiziellen Zahl des Innenministeriums.
In Österreich gebe es davon aber noch keine Auswirkungen, betont Dreveny. Die Zahl der Asylanträge bis September liege um 14 Prozent unter dem Vorjahr – das sind 9155 Anträge. „Rund 60 Prozent davon sind aber Familienzusammenkünfte und Kinder, die in Österreich auf die Welt kommen. Also keine neuen Flüchtlinge“, so der stv. Leiter des Asylabteilung.
Rekordzahlen
Der Druck auf den Asylrouten steigt aber zum ersten Mal seit der Flüchtlingswelle 2015 wieder. In Griechenland sitzen aktuell 26.000 Migranten – so viele wie noch nie seit dem EU-Türkei-Flüchtlingspakt 2016.
Chinesen spielen dabei kaum eine Rolle, da die meisten Asylwerber von dort mit Touristen- oder Studentenvisa in die EU gelangen. In Österreich sind diese dann vor allem im Rotlicht unterwegs – und vereinzelt auch in illegalen Teigtascherlfabriken.
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