Sorge bei Tirols Bauern: "Der Wolf macht vor nichts mehr halt"

Ein Bub wurde in den Niederlanden von einem Wolf attackiert.
8 von bisher 10 erlegten Wölfen wurden im Bezirk Lienz geschossen. Im Unterland nehmen die Raubtiere zunehmend Rinder ins Visier.

Nur ein Bauer mit einer Kuh, sei ein Bauer. Diese Einstellung sei im Tiroler Unterland weit verbreitet gewesen, als er aufgewachsen ist, erzählte ein Schafzüchter vor einigen Jahren dem KURIER. Und wollte damit verdeutlichen, dass seinesgleichen innerhalb der Bauernschaft früher einmal wenig gegolten hat.

Böse Zungen behaupteten daher auch, als der Wolf vor einigen Jahren sein Comeback in Tirol gegeben hat, dass sich viele Bauern weniger Sorgen um gerissene Schafe machten, sondern vielmehr besorgt wären, dass Wölfe irgendwann auf Almen auch auf ihre Kühe losgehen.

Brennpunkt Kitzbühel

Das ist inzwischen längst Realität, wenn auch weiterhin vor allem Schafe – 152 waren es im Vorjahr – dem Raubtier zum Opfer fallen. „Der Wolf macht vor nichts mehr halt“, sagt Elmar Monz, Vorstand des Tiroler Almwirtschaftsvereins. Er ortet eine Zunahme von Attacken auf Rinder.

Erst vergangene Woche hat die Landesregierung eine Abschussverordnung im Bezirk Kitzbühel erlassen, nachdem auf einer Alm zwei verletzte Kühe aufgefunden wurden und ein Wolf als Verursacher vermutet wurde.

Der Bezirk im Unterland ist hauptbetroffen, wenn es um solche Angriffe geht, heißt es vom Land Tirol auf Anfrage. 2022 wurde erstmals ein Jungrind von einem Wolf getötet. Im Vorjahr sollen bereits 16 Kühe bei Wolfrissen ihr Leben gelassen haben. Monz geht davon aus, dass bei solchen Attacken „zwei bis drei Wölfe zusammenarbeiten“.

Seit das Land 2023 Abschüsse erleichtert hat, wurden 50 Verordnungen zur Bejagung von sogenannten Schad- oder Problemwölfen erlassen, 17 alleine im heurigen Jahr. Das sind schon mehr als im gesamten Vorjahr (14). Und das vor dem letzten Drittel der Almsaison. „Die Weidezeit ist noch lange nicht vorbei, die geht bis Mitte September“, sagt Monz.

Die Zahl der in den vergangenen zweieinhalb Jahren erlassenen Abschussverordnungen zeigt, wo der Druck besonders groß ist. Das ist eben zum einen der Bezirk Kitzbühl, wo die Jägerschaft 15 Mal auf die Pirsch geschickt wurde. Die Nase vorne hat hier aber Osttirol, wo bereits 20 Mal ein Wolf zum Abschuss freigegeben wurde. Der Bezirk Lienz ist der am dünnsten besiedelte Tirols und grenzt an Italien, von wo die meisten Wölfe zuwandern.

„Druck von allen Seiten“

In Osttirol wurde 2023 erstmals eines der Raubtiere in Tirol legal erlegt, acht von bisher 10 Abschüssen im ganzen Bundesland erfolgten hier – alleine drei heuer. „Kaum haben wir einen erlegt, ist der nächste da“, sagt Bezirksjägermeister Hans Winkler. Inzwischen sei in jeder Talschaft von Osttirol bereits ein Wolf geschossen worden. Gerissen hat sich die Tiroler Jägerschaft um die sogenannte „Entnahmen“ eigentlich nie, ist doch ihre Hauptaufgabe die Regulierung von Wildbeständen. „Aber wir bekommen Druck von allen Seiten“, so Winkler.

Werden Schafe gerissen, wollen die Bauern Taten sehen. Ein Wolf in Siedlungsgebiet macht alle nervös. Auf der anderen Seite müssen Jäger mit Anfeindungen von Tierschützern rechnen, weshalb niemand, der einen Wolf erlegt hat, das an die große Glocke hängt oder gar mit Medien reden will.

„Wir machen nur unsere Arbeit“, so Winkler. Und die ist alles andere als spaßig, wenn es gilt, einen Wolf zu jagen. „Die sind bei uns ganz oben in den Felsen, da wo die Gämsen unterwegs sind“, erklärt der Bezirksjägermeister. Um einen Wolf zu erwischen, „gehört ein bisschen Glück dazu.“ Außerdem müsse man sich die Nächte um die Ohren schlagen.

Wolf wird bleiben

Winkler macht sich keine Illusionen: „Solange der Wolf nicht ganzjährig bejagt wird, werden wir der Sache nicht Herr.“ Und auch für Monz ist klar: „Die Wölfe sind da, die kriegen wir nicht mehr weg.“ Das Land Tirol arbeitet gerade an neuen Regeln. Künftig sollen Jäger jeden Wolf, der sich in einem Almgebiet blicken lässt, schießen dürfen. Auch wenn es keine Risse gab.

Kommentare