Wild umstrittene Tourismusabgabe in Tirol wird reformiert

Wild umstrittene Tourismusabgabe in Tirol wird reformiert
Unternehmer, die wenig bis gar nicht von der Branche profitieren, müssen weniger zahlen. Eine Abgabenbefreiung gibt es aber nicht.

Mit seiner "Piefke-Saga" hat der Tiroler Dramatiker Felix Mitterer schon in den 1990er-Jahren Auswüchse des Tourismus ins Scheinwerferlicht gerückt. 

Dass er diesen mit einem Zwangsbeitrag unterstützen sollte, brachte den Schriftsteller vor zwei Jahren auf die Palme.

Die Vorschreibung für die Tourismusabgabe, die in Tirol praktisch jeder Unternehmer - je nach vermeintlichem Bezug zu der Branche in unterschiedlicher Höhe - zahlen muss, veranlasste Mitterer dazu, den Weggang aus seiner Heimat anzukündigen.

Ein Ärgernis

„Der Verfasser der 'Piefke-Saga' kann keine Tourismusabgabe zahlen", ließ er wissen und versicherte, es gehe ihm nicht ums Geld, sondern ums Prinzip. Damit hatte der Tiroler einem Zwangsbeitrag österreichweite Aufmerksamkeit verschafft, der im Bundesland vielen Unternehmern schon seit Jahrzehnten die Zornesröte ins Gesicht treibt.

Am Montag präsentierte Wirtschafts- und Tourismuslandesrat Mario Gerber (ÖVP) eine von ihm eigentlich schon für das Vorjahr versprochene Reform der Tourismusabgabe gemeinsam mit Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP).

Gerber sprach von einem System, dass sich bewährt habe. "Aber es war auch wichtig, einen Interessenausgleich zu finden." Und so wird die Mindesthöhe der Aufenthaltsabgabe, die von den Gästen als eine Säule der Finanzierung der Tourismusverbände entrichtet wird, von einem auf 2,60 Euro erhöht.

Vom Hotelier bis zum Bestatter

Was die von rund 80.000 Unternehmern als zweite Säule entrichtete Tourismusabgabe betrifft, würden nun jene Betriebe mit wenig Tourismusbezug entlastet. 

Wie sehr man von der Branche profitiert, war schon bisher ein Faktor für die Höhe der Abgabe. Immerhin finden sich in den verschiedenen Beitragsgruppen eben nicht nur Hoteliers oder Seilbahner, sondern eben auch Künstler oder etwa Bestatter.

Tourismusferne Betriebe müssen künftig bis zu 50 Prozent weniger der umsatzbezogenen Abgabe pro Jahr entrichten. Eine Befreiung wird es aber nicht geben.

Wild umstrittene Tourismusabgabe in Tirol wird reformiert

Landeshauptmann Anton Mattle, Wirtschafts- und Tourismuslandesrat Mario Gerber (beide ÖVP)

Landeshauptmann Mattle bemühte altbekannte Argumente, um die Querfinanzierung einer Branche, die beständig wächst, zu begründen: "Von unserem Tourismus profitieren auch sehr viele Einheimische." Er nannte unter anderem Freizeiteinrichtungen

Urlauberverkehr als Ärgernis

Die sind freilich längst nicht für alle leistbar. Und auf der Negativseite steht etwa auch der von den Gästen verursachte Verkehr, der auch jene belastet, die nichts von den Urlaubern haben, aber längst auch in den Tourismusregionen selbst für Kritik sorgt.

Die Tourismusabgabe wurde in Tirol 1927 - also vor bald 100 Jahren - eingeführt. Auf Nachfrage gestand Mattle ein, "dass sie damals eine andere Bedeutung hatte. Tirol war damals kaum industrialisiert." Aufbauhilfen braucht der Tourismus wohl längst keine mehr.

"59 Prozent dieser Abgabe zahlt sich der Tourismus selber", hielt Gerber entgegen. Und Hubert Siller, Leiter des Departments für Tourismus- und Freizeitwirtschaft am Management Center Innsbruck (MCI) argumentierte, dass mit der Abgabe nicht nur Marketing, sondern etwa auch Beiträge zum Öffi-Verkehr finanziert werden.

Studie als Basis

Siller hatte mit einer Studie die Basis für die Novelle geliefert, die mit 1. Jänner 2025 gelten soll. Im Zuge derer werden auch die abgabenpflichtigen Berufsgruppen entrümpelt, die sinnbildlich dafür stehen, wie alt dieses Finanzierungsmodell ist.

Darmbinder, Sensenschleifer oder Essigerzeuger werden künftig nicht mehr in der Liste der Unternehmensgruppen zu finden sein. Aktuell bringt die Tourismusabgabe pro Jahr rund 120 Millionen Euro ein. Die durch die Reform für die Wirtschaft erzielte Entlastung beziffert Gerber mit in Summer 10 Millionen Euro.

12,4 Million Gäste

Der Tourismus, in dem direkt oder indirekt laut Mattle jeder dritte Euro im Land verdient wird, floriert in Tirol indes mit Ausnahme der Coronapandemie seit vielen Jahren. Vor der Krise kamen im Jahr 2019 - Sommer und Winter zusammengerechnet - 12,4 Millionen Gäste nach Tirol und lösten einen Rekordwert von 49,38 Millionen Nächtigungen aus.

2023 wurden bereits wieder 12,1 Millionen Ankünfte registriert. Die Zahl der Nächtigungen war mit 48,5 Millionen der drittbeste Wert aller Zeiten - nur 2018 und 2019 getoppt.

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