Schuldenkrise: Wifo-Chef Felbermayr sieht Tirol als Budget-Vorbild

Der Wirtschaftsforscher sieht "tiefgreifenden Reformbedarf" in Österreich, erwartet sich aber "keine Revolution" im Föderalismus.

Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) kann es nicht oft genug betonen dieser Tage. "Wir sind definitiv das einzige Bundesland, wo es zu keiner Netto-Neuverschuldung kommt", erklärte er am Freitag in Hinblick auf das Doppelbudget für 2026 und 2027 nach einem Arbeitsgespräch mit Wifo-Chef Gabriel Felbermayr vor Medientvertretern.

Der schwarz-rote Landeshaushalt soll übernächste Woche im Landtag beschlossen werden. Von der Opposition kommt naturgemäß Kritik an dem Zahlenwerk, von Felbermayr hingegen Lob.

Tirol sei ein Vorbild in Österreich dafür, "dass es auch bei schwierigen ökonomischen Rahmenbedingungen möglich ist, solide zu haushalten."

Wie es besser laufen könnte

Für den Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo) steht fest: "Wenn man das Tiroler Modell auf die anderen Bundesländer übertragen würde, hätten wir gesamtstaatlich ein wesentlich kleineres Problem mit dem Defizit." Er hofft auf Nachahmer.

Mattle im Gespräch mit WIFO-Chef Felbermayr

ÖVP-Landeshauptmann Anton Mattle in seinem Büro bei einem Arbeitsgespräch mit Wifo-Chef Gabriel Felbermayr

Um das gesamtstaatliche Loch im Haushalt zu stopfen, muss bekanntlich nicht nur der Bund einsparen, auch Länder und Gemeinden müssen ihren Teil dazu beitragen.

Wie das gelingen soll bzw. wer was beitragen soll, wurde zuletzt gemeinsam in einem Stabilitätspakt vereinbart. "Das war überfällig", sagt Felbermayr.

Es gelte aber nun in "tiefgreifendere Reformdebatten" einzusteigen, was Aufgabenverteilung und -finanzierung zwischen Bund und Ländern betrifft. Dazu, wo der Hebel am besten anzusetzen wäre, hielt sich Felbermayr noch zurück. "Es ist nicht so eindeutig, wo Synergieeffekte am größten sind."

Kein Freund von Gemeindezusammenlegungen

Es wäre aber in jedem Fall wichtig, Doppelgleisigkeiten einzustellen und Kooperationsmodelle - auf Landes- wie Gemeindeebene - zu fördern: "Gemeindezusammenlegungen klingen gut, aber bringen typischer Weise nichts", meinte der Wifo-Chef zu einer immer wieder aufkommenden Debatte.

Das kommende Jahr - eines ohne große Wahlen - werde eines sein, "in dem was weitergeht", ist Felbermayr überzeugt. Dass die Welt in Österreich Ende 2026 "eine komplett andere" sein wird, schließt er aus.

Wichtig wäre es aber in die Diskussion zu Bereichen einzusteigen, "wo die Dinge nicht ideal sind. Das ist das Thema Föderalismus". 

Es gehe dabei unter anderem um Fragen, wie sie Salzburgs ÖVP-Landeshauptfrau Karoline Edtstadler aufgeworfen habe. Sie hatte gefordert, dass der Bund die gesamten Gesundheitsagenden übernimmt und dafür die alleinige Kompetenz für den Bildungsbereich zu den Ländern wandert.

Der Charme der Beständigkeit

Felbermayr zeigt sich "vorsichtig optimistisch", dass in diesen Bereichen Fortschritte erzielt werden, glaubt aber auch: "Eine Revolution in Österreich, das machen wir nicht mehr. Das war 1913 das letzte Mal. Und das ist auch gut so." Eine gewisse Stetigkeit sei auch nicht schlecht.

Mit Verweis auf die jüngsten Zahlen der Statistik Austria zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) im dritten Quartal 2025 sagt der Wirtschaftsforscher: "Die Nachrichten sind jetzt ein bisschen besser, als wir es gewohnt sind." Im Vergleich zum zweiten Quartal gebe es ein Wachstum von 0,4 Prozent. Das heißt: "Der Konjunkturhorizont hellt sich auf."

Das könnte den Budgetvollzug erleichtern. Was Felbermayr im Tiroler Landeshaushalt positiv auffällt: "Es ist kein Kaputtspar-Budget." Mattle spricht von einem "enkeltauglichen" Haushalt in Höhe von 6 Milliarden Euro pro Jahr, der trotz der Sparmaßnahmen Spielräume lässt: "Wir investieren in den kommenden zwei Jahren 1,2 Milliarden Euro."

Als Finanzreferent sieht sich Mattle jedenfalls als Musterschüler und verweist dabei auch auf die geringste Pro-Kopf-Verschuldung österreichweit. Mit Jahreswechsel muss er jedoch mehr denn je über den Tellerrand blicken. Da übernimmt Mattle den Vorsitz der Landeshauptleute-Konferenz, ohne die grundlegende Reformen nicht machbar sein werden.

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