Ausgehend von Ischgl: Internationaler Menschenhändlerring zerschlagen

ALBANIA-COLOMBIA-WOMEN-PROSTITUTION-JUSTICE-CRIME
Österreichische Polizeibehörden haben die Bande gemeinsam mit Europol und Kollegen in Kolumbien zerschlagen: 45 Opfer.

"3 Jahre Ermittlungen, 10 Täter in Haft und 45 gerettete Frauen", so fasste Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) am Dienstag bei einer Pressekonferenz einen Fall von internationaler Dimension zusammen. Für Karner ein "Vorzeigebeispiel für die internationale Zusammenarbeit". 

Mehrere Landeskriminalämter, das Bundeskriminalamt, Europol und die kolumbianische Polizei haben gemeinsam einen in Österreich operierenden und brutal agierenden Menschenhändlerring zerschlagen. Hier zeige sich, "wie aus einer scheinbar kleinen Kontrolle" ein "Fall in dieser Breite" entstehen könne, so Karner.

Routinekontrolle brachte alles ins Laufen

Im September 2022 führte ein Rotlichtsachbearbeiter der Tiroler Polizei eine Kontrolle in Ischgl durch. Bei der Befragung von zwei kolumbianischen Sexarbeiterinnen hat sich der Verdacht ergeben, "dass sie Opfer von Menschenhandel sind", da sie den Großteil ihres Geldes weitergeben mussten, berichtet Tirols LKA-Chefin Katja Tersch.

Pressekonferenz Menschenhandel in Innsbruck

Landespolizeidirektor Helmut Tomac, Innenminister Gerhard Karner und BKA-Chef Andreas Holzer.

Drei Jahre später sitzen 10 Mitglieder eines internationalen Menschenhändlerrings in Haft, drei davon in Österreich, zwei in Spanien. Fünf Beschuldigte konnten im September im Zuge einer "Actionweek" in Medellin in Kolumbien verhaftet werden. Der Haupttäter, ein 39-jähriger Türke, ist auf der Flucht.

Die Opfer wurden zunächst in Kolumbien via Social Media angeworben und in der Folge nach Österreich transportiert. "Man hat ihnen hohe Verdienstmöglichkeiten versprochen", so Tersch. Teilweise hätten die Frauen gewusst, dass es um Prostitution geht. Man hat ihnen aber vorgegaukelt, dass sich diese im exklusiven Bereich abspielt.

Von Anfang an geschlagen

Kaum in Österreich angekommen, waren die Frauen "massiver Gewaltausübung ausgesetzt", so Tersch. Die Opfer - Frauen im Alter zwischen 19 und 53 Jahren - wurden geschlagen und zur Prostitution gezwungen. Verstöße gegen die von den Menschenhändlern aufgestellten Regeln wurden mit Gewalt bestraft.

Die Opfer waren in Wohnungen, billigen Hotels und Pensionen in Vorarlberg und Salzburg untergebracht und wurden von hier den Freiern zugeführt.

Der Umsatz, den die Kriminellen im Tatzeitraum von Mai 2021 bis August 2024 erzielt haben sollen, war "enorm", berichtete Andreas Holzer, Direktor des Bundeskriminalamts. Die Bande soll 2 Millionen Euro eingenommen haben. Reingewinn: 1,6 Millionen Euro

Opfern gedroht, Bandenmitglied ermordet

Als es im Zuge von Ermittlungen 2022 zu Hausdurchsuchungen und Vernehmungen kam, setzte sich der Haupttäter ab, vermutlich in die Türkei. Die illegalen Geschäfte wurden indes über Strohmänner weitergeführt. Gleichzeitig wurden Zeugen massiv unter Druck gesetzt. 

Opfern wurden laut der Tiroler LKA-Leiterin gedroht, dass "Angehörige verstümmelt und getötet werden." 2024 wurde sogar ein Mitglied der Bande in Kolumbien ermordet, wie Holzer berichtet. Tirols Landespolizeidirektor Helmut Tomac spricht von einer "äußerst brutal agierenden Tätergruppe".

Gewissermaßen in der zweiten Führungsebene waren zwei Frauen tätig - eine 32-jährige Österreicherin und eine 31-jährige Rumänin. Sie und ein weiterer Beschuldigter aus Österreich sitzen seit Anfang des Jahres in Untersuchungshaft

Größter Erfolg bisher

Holzer kann sich an keinen anderen derart großen Ermittlungserfolg in diesem Bereich erinnern, "gerade was die Ausbeutung südamerikanischer Frauen betrifft". Um die Bande zu zerschlagen, wurde 2024 die "Arbeitsgruppe Bogota" gegründet. 

Hier kooperierten die Landeskriminalämter Tirol, Vorarlberg, Salzburg und Wien sowie das Bundeskriminalamt und Europol. Zudem wurde mit den kolumbianischen Behörden zusammengearbeitet. "Es wurden 45 Frauen aus den Fängen der organisierten Kriminalität befreit", sagt Karner.

Die Lösung dieses Falls sei deshalb so wichtig, weil Menschenhandel und Schlepperei "besonders brutal seien", da hier "Menschen als Ware gehandelt werden".

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