Jahrhundertprojekt: Brenner Basistunnel vor dem Durchbruch

Jahrhundertprojekt: Brenner Basistunnel vor dem Durchbruch
Noch heuer soll die erste österreichische Röhre die Grenze zu Italien erreichen. BBT-Vorstand sieht das Projekt im Zeit- und Kostenrahmen

Im engen Wipptal, das von Innsbruck über den Brenner nach Italien führt, ist eines Mangelware: Platz.

In Steinach, wenige Kilometer vom viel befahrenen Alpenpass entfernt, hat es zumindest dafür gereicht, einen kleinen Güterbahnhof zu errichten, um das größte Baulos des im Bau befindlichen Brenner Basistunnels (BBT) mit Betonfertigteilen zu versorgen.

Was der längste Bahntunnel der Welt bringen soll

Um diese vor Ort herzustellen, ist zwischen den steilen Bergflanken kein Raum. Aber in gewisser Weise wird hier vorweggenommen, was der BBT eines Tages - dann mit 62,7 km der längste durchgehende Eisenbahntunnel der Welt - bewirken soll. Eine Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene.

Jahrhundertprojekt: Brenner Basistunnel vor dem Durchbruch

Donnerstagmittag fährt auf dem Baustellen-Terminal ein Zug ein. Auf den Waggons sind 18 sogenannte Tübbinge und 5 Sohlsteine verzurrt. Diese Elemente werden zum Auskleiden der Tunnelröhre im Baulos H53 benötigt.

„Wir ersparen der Bevölkerung im Wipptal 45.000 Lkw-Fahrten“, erklärt Christoph Grasl, Vorstand der ÖBB Rail Cargo Group, zum Vorteil der Anlieferung per Bahn bei einem Pressetermin.

"Eine echte Goliathaufgabe"

Für Jürgen Raschendorfer von der für den Bau des BBT-Abschnitts Pfons-Brenner verantwortlichen Arbeitsgemeinschaft ist die Logistik zur Materialversorgung „eine echte Goliathaufgabe. 1.400 Tonnen werden pro Tag angeliefert. Wenn etwas hakt, kommt die Maschinerie im Berg zu stocken.“

Die Maschinerie hinter diesem Jahrhundertprojekt ist enorm. Für den Zugverkehr muss je Fahrtrichtung eine große Röhre ausgebrochen werden. Dazwischen wird ein Stollen errichtet, mit dem während dem Bau die Geologie des Berges erkundet wurde und wird. Nach Fertigstellung wird er als Service- und Wartungstunnel verwendet.

Die Inbetriebnahme des BBT war ursprünglich für 2028 vorgesehen. Nach einigen Problemen - insbesondere durch Streitigkeiten bei der Vergabe von Bauarbeiten des österreichisch-italienischen Infrastrukturprojekts - ist nun längst von 2032 die Rede.

Jahrhundertprojekt: Brenner Basistunnel vor dem Durchbruch

Martin Gradnitzer, BBT-Vorstand

Martin Gradnitzer, Vorstand der bilateralen Errichtergesellschaft BBT SE, ist zuversichtlich, dass der Zeitplan hält: „Ich bin zufrieden mit dem Fortschritt des Brenner Basistunnels. Und ich denke, dass wir die Zeiten auch einhalten können.“ Vorausgesetzt, es gibt keine Einsprüche bei noch ausstehenden Vergabeverfahren.

Die ersten Züge sollen dann ab „Dezember 2032“ durch den BBT fahren. Die Fahrzeit zwischen Innsbruck und der Südtiroler Landeshauptstadt Bozen soll sich dadurch um eine Stunde verkürzen.

Ein Durchbruch im Wortsinn steht bei dem Vorhaben noch heuer an. Die Italiener haben bereits vor drei Jahren eine Hauptröhre tief im Berg an die Brenner-Grenze herangeführt und vor zwei Jahren die zweite folgen lassen.

Jahrhundertprojekt: Brenner Basistunnel vor dem Durchbruch

Voraussichtlich im Herbst soll dieser Punkt vom österreichischen Erkundungsstollen und damit ein erster grenzüberschreitender Durchschlag erreicht werden. Nur noch wenige 100 Meter fehlen.

„Wenn das erkundet ist, sind auch die geologischen Risiken bekannt“, sagt Gradnitzer zu einer bautechnischen Unwägbarkeit, die theoretisch noch für Verzögerungen sorgen könnte.

Kostensteigerungen gab es bereits. Derzeit sind keine weiteren am Horizont zu sehen, versichert der BBT-Vorstand: „Wir sind im Moment sehr stabil mit der Prognose bei 10,5 Milliarden Euro.“

Finanziert wird der BBT zu 40 Prozent von der EU, den Rest teilen sich Österreich und Italien. „Der BBT ist ein Leuchtturmprojekt in Europa“, sagt Tirols Mobilitätslandesrat René Zumtobel (SPÖ).

Damit das Vorhaben aber auch europäische Wirkung entfaltet, müssen in Deutschland noch Hausaufgaben im Schienenausbau erledigt werden. Denn der Nachbar hinkt um Jahre mit den zugesagten Zulaufstrecken in Bayern hinterher.

„Es braucht durchgehende Linien für den Güterverkehr“, mahnt Zumtobel. Nur so könne die Straße entlastet werden. Letztgültige Entscheidungen zum Bau des Brenner-Nordzulaufs stehen in Deutschland noch aus. Und das Land vorerst ohne Regierung, aber mit jeder Menge politischer Baustellen da.

„Rasch Regierung bilden, rasch Entscheidungen treffen“, formuliert der Tiroler Landesrat seine Erwartungshaltung Richtung Berlin. Dort war Zumtobel im vergangenen Herbst in den Verkehrsausschuss des Bundestages geladen und hat dabei den Eindruck gewonnen, „dass alle dieses Projekt wollen“.

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