Aus der Steiermark ausgewandert: Eine Arche auf Madeira

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Vor 25 Jahren hängen Gerald und Christa Bretterbauer-Dornfeld ihre Lehrerjobs für ein neues Leben auf einer Insel an den Nagel.

„Nie wieder Schneeschaufeln“: Dieser Gedanke stand hinter Gerald und Christa Bretterbauer-Dornfelds Entschluss, Österreich – genauer Admont in der Obersteiermark – zu verlassen und sich wo anders ein neues Leben aufzubauen.

Heute blicken sie vom Bett aus aufs Meer, blicken beim Zähneputzen aufs Meer, blicken beim Meditieren aufs Meer. Das Meer vor der Küste der portugiesischen Insel Madeira. Das Meer, das eigentlich der Atlantik ist.

Der erste Anstoß

„Ich will einmal keine weißen Weihnachten verbringen“, sagte Christa im Jahr 1990 zu ihrem Mann Gerald. Gerald telefonierte mit einer Verwandten, die auf Madeira Fremdenführerin war – nicht einmal 24 Stunden nachdem Christa ihren Wunsch ans Christkind ausgesprochen hatte, waren Flugtickets und Unterkunft für die beiden und ihre drei Söhne organisiert.

„Am 24. Dezember kamen wir spät abends an. Die Cousine hat uns abgeholt und ist mit uns zu ihren Freunden gefahren. Die haben uns an diesem Weihnachtsabend so herzlich empfangen, als wären wir Familie“, erzählt die ehemalige Lehrerin. 

Bei der Heimreise hatten sie zahlreiche solcher Begegnungen mit im Gepäck. „Zwei Monate später haben wir uns auf der Insel eine Wohnung gekauft“, so der Künstler Gerald.

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Gerald Bretterbauer fand auf Madeira neue Inspiration für seine Kunst. 

Von da an verbrachte die Familie die Ferien (beide arbeiteten als Lehrkräfte) auf der Atlantikinsel. Schon Ende der 1980er-Jahre war den beiden klar, dass sie der Steiermark den Rücken kehren würden – auch Australien war im Gespräch. „Aber ich mag keine Schlangen“, lacht Christa heute.

Die Feuerprobe

Fast zehn Jahre nachdem sie das erste Mal auf Madeira waren, beschlossen sie, ein Jahr lang dort zu leben – als Feuerprobe. „Wir kündigten unsere pragmatisierten Jobs und richteten uns fast fünf Flugstunden von unserem damaligen Zuhause ein“, so die gebürtige Steirerin.

Christa ging damals viel wandern. „Ich war begeistert von dieser vielfältigen, immergrünen Natur“, erzählt sie. Und Gerald von den strahlenden Farben und Kontrasten, die in seine Kunst einflossen. „Damals hatte ich einen Zyklus, bei dem ich fast kindlich mit kraftvollen Farben malte“, sagt er und zeigt auf ein Bild aus dieser Zeit, das in seiner Galerie in Caniço hängt. 

Nach einem Jahr saßen die beiden mit einem Glas Rotwein unter einem Baum. Gerald sagte „Ja“, Christa sagte „Ja“ – zu ihrer Zukunft auf Madeira. Sie kauften ein Haus. „Unser Container mit unseren Sachen – Möbeln, Kleider etc. – kam neun Monate nicht an“, blickt Christa zurück. 25 Jahre ist das nun her. Seither ist viel passiert.

Wanderagentur

Gemeinsam mit einem Freund haben die beiden den ersten Wanderführer für den damals noch fast unentdeckten Westen der Insel herausgegeben. Christa hat schließlich die Ausbildung zur geprüften Wanderführerin für Portugal (inklusive Azoren und Madeira) gemacht. Erfolgreich baute sie eine Wanderagentur auf, mit ihrem Mann als kreativen Kopf an ihrer Seite.

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 „Feenwald“ Fanal: Faszinierendes Ziel der Wanderagentur. 

„Ich konnte hier endlich leben, was in meinem Alltag in Österreich zu kurz gekommen ist“, sagt Gerald, der als Bildhauer, Fotograf und Maler regelmäßig in neue Schaffenszyklen eintritt. 15 Jahre lang haben 100 seiner Kunstwerke die Wände der Galo Resort Hotels auf Madeira geziert. 

„Ich habe sie vermietet“, erzählt Gerald, es sei eine Win-win-Situation für alle gewesen. 2017 startete er ein anderes Projekt: ein eigenes Hotel in Santa Cruz aufzubauen.

Grundstück für eigene Anlage

„Wir arbeiten als Wanderagentur immer mit der steirischen Agentur ,Weltweit Wandern’ zusammen. Sie brachten die Gäste in einem unserer Partnerhotels unter. Wegen Umbaus wurde es geschlossen“, erklärt Christa. Die Suche nach einer geeigneten Alternative blieb erfolglos. Die Suche nach einem Grundstück, wo man selbst eine Anlage errichten könnte, allerdings nicht.

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Die „Quinta dos Artistas“, das Hotel und die Arche der Familie.   

Die Anforderungen waren: Südseitig, mit Blick aufs Meer, nicht weit zum Flughafen, nicht weit in die Hauptstadt Funchal, aber doch mit Naturbezug. „Ich hatte damals schon ein Grundstück auf einem Hang in Santa Cruz zum Anbau von Obst und Gemüse – eine Arche Noah für die Familie“, so Gerald.

Nachdem der Entschluss gefasst war, ein Hotel aufzubauen, kaufte man die umliegenden Grundstücke, auf denen es vor allem eines gab: Pflanzen ohne Ende. Das erworbene Areal umfasst heute 25.000 Quadratmeter. 

Söhne mit an Bord

Zwei seiner Söhne stiegen in das Projekt ein. In nur einem Jahr konnte die „Quinta dos Artistas“ (zu Deutsch: Bleibe der Künstler, Anm.) eröffnet werden. Sohn Raimund, der Geschäftsführer, ist ebenfalls Künstler und als Musikproduzent international erfolgreich. 

Die „Bleibe der Künstler“ ist eine wahre Arche – es wachsen etwa Ananas, Bananen, Papayas und Avocados – das Meer voraus.

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